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Früchte des Handels

Vom Zentrum des Fruchtumschlags zum Zentrum der HafenCity:
Die Geschichte eines Hafenbeckens
Magdeburger Hafen

Die TS GRAN CANARIA am Fruchtschuppen C im Magdeburger Hafen (1938). Rechts im Bild das Verwaltungsgebäude der Fruchtlager am Versmannkai, im Vordergrund Eisenbahnanlagen auf dem Baakenhöft (1)

Nachdem 1866 das erste künstliche Hafenbecken Hamburgs, der Sandtorhafen, eröffnet worden war, wurde der Hafenausbau auf dem Großen Grasbrook schrittweise weiter geführt: 1872 wurde der Kaiserkai dem Betrieb übergeben, danach der Strandhafen und schließlich der Magdeburger Hafen, der die Elbe mit dem Brooktorhafen verband.

Die neuen modernen Anlagen wurden als zusammenhängendes System tideoffener Hafenbecken geplant: So war der Sandtorhafen ursprünglich über eine Schleuse mit dem Brooktorhafen verbunden. Der wiederum besaß neben den schwimmenden Zollpontons eine Durchfahrt in das Holländischbrookfleet, führte im Osten zum Oberhafen der Binnenschiffer und traf im Westen, an der Drehbrücke vor dem Kaispeicher B, auf den Magdeburger Hafen.

Magdeburger Hafen

Der Magdeburger Hafen im Jahr 1908 mit dem Fruchtschuppen C (links) (2)

Das Bild dieses Hafens wurde lange nicht nur vom mächtigen Kaispeicher geprägt, sondern auch von den großflächigen Fruchtschuppen. Schon 1899 war am Versmannkai ein erster Schuppen errichtet worden, um dem wachsenden Früchteumschlag Rechnung zu tragen. Später folgten an der Ecke zum Magdeburger Hafen die beiden Fruchtschuppen A und B, die für ihren Zweck eigens isoliert waren und Heizungssysteme besaßen. Weil der Umschlag mit Früchten immer weiter anstieg, wurde 1908 ein weiterer Fruchtschuppen genehmigt, der am Westufer des Magdeburger Hafens, unmittelbar neben den Kohlehalden des Gaswerks, errichtet wurde.

Weil infolge des Kriegsgeschehens der Südfrüchtehandel im Hafen einbrach, wurden die Fruchtschuppen seit 1939 anderweitig verwendet, häufig für militärische Zwecke. Heute ist auch bekannt, dass der Fruchtschuppen C mindestens einmal, im Mai 1940, als Sammellager für mehrere Tausend Sinti und Roma diente, bevor sie vom nahegelegenen Hannoverschen Bahnhof in Konzentrationslager deportiert wurden.

Magdeburger Hafen

Die aktuelle Situation aus 2013 am Magdeburger Hafen mit der fertig gestellten Promenade (3)

Nach Kriegsende wurde der schwer beschädigte Schuppen nicht mehr betrieben, 1949 für den Ausbau des Gaswerks abgerissen. Vom Krieg mehr oder weniger unbeschadet blieb der Kaispeicher B, der noch bis Ende des Jahres 2003 als Lager diente, zuletzt für die Firma Gebr. Heinemann. Seit 2008 ist dort das Internationale Maritime Museum untergebracht, während rund um den Magdeburger Hafen die HafenCity wächst.

In deren ursprünglichen Plänen hatte das Hafenbecken eine noch zentralere Bedeutung als heute. Im städtebaulichen Wettbewerb zum Überseequartier sollte 2003 das Gebiet westlich und östlich des Hafens als ein „prägnanter und einzigartiger“ Stadtraum am Wasser profiliert sowie ein „spannungsvoller stadträumlicher Dialog der beiden Uferseiten“ entwickelt werden. Das Architektenbüro ASTOC fand dabei, seine Strahlkraft könne es „sogar mit der Binnenalster aufnehmen“. Aber erst wenn das Ostufer vollständig bebaut ist, wird man das abschließend beurteilen können.

Text: Nikolai Antoniadis, Fotos: HHLA / Gustav Werbeck  (1),  „Hafen von Hamburg im Bild“ / ELBE&FLUT Edition Archiv (2), Thomas Hampel (3) 
Quartier 23, September–November 2013 , Rubrik:    
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