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Gut gegeben

Das „Haus der BürgerStiftung Hamburg“ befindet sich in der Mitte der Stadt. Der Erfolg der Stiftung beruht auf dem Engagement vieler Menschen: Stifter, Spender und ehrenamtlicher Mitarbeiter

Beim Mentorenprojekt „Yoldaş“ begleiten deutsche Muttersprachler türkische Kinder (1)

Seit zwei Jahren residiert die BürgerStiftung Hamburg im Schopenstehl 31 in einem liebevoll restaurierten gelben Klinkergebäude aus dem 19. Jahrhundert. „Wir haben nicht speziell hier nach einem neuem Standort gesucht, das Haus wurde uns angeboten“, sagt Vorstandsvorsitzende Johanna von Hammerstein, und man spürt ihre Begeisterung. „Als Bürgerstiftung im Herzen der Stadt zu sein, finden wir extrem passend.“ Und in Zeiten drohender Inflation bedeutete der Kauf des Gründerzeithauses eine gute Kapitalanlage.

Johanna von Hammerstein ist seit 2007 Vorstandssprecherin der Stiftung (2)

Mit der HafenCity verbindet die BürgerStiftung nicht nur die Schreibweise mit dem Großbuchstaben in der Mitte: Im Stiftungsrat sitzen Claus Heinemann, Geschäftsführer des Handelshauses „Gebrüder Heinemann“ in der Koreastraße, und Esin Rager, Gründerin des Teeherstellers „samova“ in der Hongkongstraße. Auch ein enger Kontakt zu St. Katharinen besteht, denn die Hauptpastorin, Ulrike Murmann, ist Stiftungsratsvorsitzende und als solche sehr engagiert.

Überhaupt ist Engagement ein Kernbegriff, wenn man die vielfältige Arbeit der Stiftung verstehen will. Es geht nicht um Mildtätigkeit. Die Stifter wollen Menschen anregen, sich zu engagieren, um die Gesellschaft lebenswerter zu machen. „Eine Bürgerstiftung fördert Projekte, die von bürgerschaftlichem Engagement getragen sind oder Hilfe zur Selbsthilfe leisten. Dabei bemüht sie sich um neue Formen des gesellschaftlichen Engagements“, lautet Punkt sieben der zehn Merkmale einer Bürgerstiftung. Es ist kein Zufall, dass die Bürgerstiftungsbewegung, deren Konzept aus den USA stammt, in Deutschland Mitte der 90er Jahre aufkommt, als das sozialstaatliche System in Bedrängnis gerät. Wird der Staat aus seiner Verantwortung entlassen? „Diese Problematik diskutieren wir und üben Kritik, wo es nötig ist“, sagt Johanna von Hammerstein.

Bürgerstiftungen sind Gemeinschaftsstiftungen. Vierzehn Erststifter haben 1999 die BürgerStiftung Hamburg gegründet. Heute gibt es rund 50 Projekte über die Stadt verteilt, die die Stiftung fördert oder selbst entwickelt hat. 400 ehrenamtliche Mitarbeiter übernehmen Büroarbeit, managen Veranstaltungen, lesen mit Kindern, bringen ihr Fachwissen und ihre Begeisterung ein.

Die engagierten Bürger wollen den Folgen von Armut entgegenwirken, besonders, wenn diese die nächsten Generationen treffen. Kinder- und Jugendprojekte in sozial benachteiligten Stadtteilen stehen im Vordergrund. Viele der kleinen oder größeren Teilnehmer haben einen Migrationshintergrund. Ob Gewichtheben in Barmbek, Musikmachen als „Rockkids St. Pauli“ oder die Kinderradiosendungen der „Ohrlotsen“, als roter Faden zieht sich ein ganzheitlicher Bildungsbegriff durch die Projekte.

Die Kinder sollen ihre sozialen Kompetenzen in der Gruppe stärken, Vertrauen in sich und andere aufbauen, durch Erfolgserlebnisse Selbstbewusstsein entwickeln und erfahren, dass sie etwas bewirken können. Beispielweise tagt zweimal jährlich der Kinderbeirat im Schopenstehl, in dem 8- bis 17-Jährige über die Vergabe von Mitteln entscheiden. 5.000 Euro pro Sitzung verteilen sie, pro Antrag bis zu 1.500 Euro. Die Kinder lernen soziale Projekte kennen und erfahren, wie sie Menschen in Notsituationen helfen können.

Mentor und Mentee wagen den Blick über den „kulturellen Tellerrand“

„Yoldaş“ – türkisch für Weggefährte – ist ein Mentorenprojekt, das die BürgerStiftung gemeinsam mit der türkischen Gemeinde entwickelt hat. Es läuft so erfolgreich, dass Kinder auf Wartelisten stehen und Mentoren gesucht werden. Ein deutscher Muttersprachler geht mit seinem türkischen Mentee ins Museum, macht eine Hafenrundfahrt, geht mit ihm schwimmen. Das Kind soll aus seinem Stadtteil herauskommen und die Kultur seiner deutschen Heimat kennenlernen. Das erhöht die Chancen auf Integration.

Der Stiftungsfonds „Hamburger Anker“ bildet einen weiteren Schwerpunkt. Um präventiv gegen Vernachlässigung zu wirken, hilft der Fonds überforderten Familien mit ganz jungem Nachwuchs. Die „wellcome-Fee“ etwa berät und vernetzt diese, erfüllt kleinere materielle Wünsche, zeigt den Eltern aber auch berufliche Perspektiven auf. Das Angebot entstand, nachdem 2005 die kleine Jessica im reichen Hamburg verhungerte. Wo die „wellcome-Unterstützung“ in Form von moderner Nachbarschaftshilfe nach der Geburt zu kurz greift, kommt die „wellcome-Fee“, die sich gezielt um Familien kümmert, die auf der Kippe stehen. Auch hier besteht ein Berührungspunkt mit der HafenCity: Seit April 2013 gibt es einen „wellcome“-Standort in der St. Katharinen-Kita.

Text: Bettina Mertl-Eversmeier, Fotos: Kirsten Haarmann (1, 3), Thomas Hampel (2)

 

 

Quartier 23, September–November 2013 , Rubrik:    
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