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Filmförderung im Hafen

Mehr als 150 Kameras überwachen den Hamburger Hafen. Besteht Anlass zur Sorge?

Bettina Mertl-Eversmeier

Bettina Mertl-Eversmeier

Im Mai 2014 machte sich eine Journalistin auf sueddeutsche.de Sorgen. Potenziellen Verbrechern riet sie: „Wer in Hamburg eine Straftat begeht, sollte das nicht am Hafen tun. Den überwachen 150 Kameras.“ Nett von der Dame, Schmugglern, Dieben und anderen zwielichtigen Gestalten, Tipps zu geben. Schließlich müssen auch die ihr Auskommen haben. Was es auf sich hat mit der Überwachung, erfuhren die Hamburger dank Anjes Tjarks, dem hafenpolitischen Sprecher der Grünen Bürgerschaftsfraktion. Dieser richtete im Juni eine Anfrage an den Senat: „Wie viele Kameras haben staatliche Stellen im Hafen aufgestellt, und welche Funktion haben diese?“ Und siehe da: Die Rolle des Big Brothers – oder der Sister – fällt der Hamburg Port Authority (HPA) zu, die im Hafengebiet 155 Kameras installiert hat. Bescheidene 15 betreibt die Polizei. In der Antwort heißt es: „Die Kameras der HPA dienen der Gewährleistung eines reibungslosen Betriebs, der Sicherung der HPA-Anlagen, der Verkehrsbeobachtung und der Sicherheit des Schiffsverkehrs.“ Also alles harmlos? Hinter der Daten-Sammelwut der Hafenbehörde steckt die Vision des „Smart Ports“, der mit neuester Technik Verkehrsströme optimiert. Im Juni hat die neue Nautische Zentrale am Bubendey-Ufer ihre Arbeit aufgenommen, eine der modernsten Verkehrszentralen der Welt. Eine riesige Videoleinwand verzeichnet alle Schiffsbewegungen und Pegelstände in Echtzeit. Die Leitstelle wäre die ideale Kulisse für den ersten Waterkant-Science-Fiction.

„Smart Port“ ist nur der Anfang. Bürgermeister Olaf Scholz träumt von der „Smart City“: Im Hamburg der Zukunft messen Straßenlaternen mittels Sensoren das Außenlicht, und Ampeln nehmen mit Wärmefühlern wahr, wie sich Personen und Autos bewegen. Bei elf Pilotprojekten will die Stadt mit dem US-Konzern Cisco kooperieren, einem führenden Netzwerkausrüster. Cisco hilft auch der HPA, ihre Systeme zu verknüpfen. Und zwar für lau, was das Unternehmen nicht aus Nächstenliebe tut: Metropolen mit einem engmaschigen Netz zu überziehen, bedeutet ein Riesengeschäft. Da zählt die gute Ausgangsposition. Spielverderber könnten einwenden, solche Meganetze seien nur schwer vor Hackerangriffen zu schützen. Das Entwenden von Promi-Nacktfotos aus der iCloud ist Kinderkram verglichen mit dem Lahmlegen einer Großstadt oder wenigstens von Teilen derselben.

Schmugglern, Dieben und anderen zwielichtigen Gestalten jedenfalls wäre zu raten, sich vom Hafen fernzuhalten und sich ein anderes Terrain zu suchen, beispielsweise die Reeperbahn. Die dort installierten Kameras nutzt die Polizei nach der Klage einer Anwohnerin nicht mehr. Bei Demos allerdings ist Vorsicht geboten: Da werden sie noch eingeschaltet.

Text: Bettina Mertl-Eversmeier, Foto: Jonas Wölk
Quartier 28, Dezember 2014–Februar 2015 , Rubrik: ,    
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