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Auf die Plätze

Beim Stichwort HafenCity dachten in den ersten Jahren viele nur an Hafenbecken und Großbaustellen. Dann kam der „Sommer in der HafenCity“ und machte das Gebiet neu erlebbar: Im Juni kehrt die Veranstaltungsreihe zu ihrem Geburtsort zurück und feiert zehnjährigen Geburtstag


Tango HafenCity

Seit zehn Jahren werden die öffentlichen Plätze in der HafenCity im Sommer zur Tanzfläche

Eng umschlungen tanzen die Paare im Tangoschritt über die Elbpromenade am Unilever-Haus. Manche scheinen zu schweben, so fließend sind ihre Bewegungen. Mal wiegen sie hin und her, mal halten sie inne. Dann wieder beschleunigen sie, drehen sich, ändern die Richtung. Es ist ein Sonntag im Juni, und mit etwas Fantasie könnte man meinen, die HafenCity sei ein Teil von Buenos Aires. Selbstvergessen wirken die Männer und Frauen, die hier unter freiem Himmel zur Livemusik Tango tanzen. Am Rand des Parketts aus Beton sitzen und stehen Hunderte Zuschauer. Heute ist die Elbpromenade ein modernes Amphitheater, und statt Scheinwerfer rückt die Sonne die Szene ins rechte Licht.

Tango HafenCity

Sommer Tango in der HafenCity 2006

Vom 7. Juni bis zum 30. August verwandelt sich die HafenCity wieder in eine öffentliche Freiraumbühne. Dann findet der „Sommer in der HafenCity 2015“ auf den Plätzen und Promenaden statt – an jedem Sonntag und für alle Besucher gratis. Der „Sommer Tango“ ist Teil dieser Veranstaltungsreihe, organisiert von Tango Chocolate. „Wir lieben es, in der HafenCity zu tanzen“, sagt Marcelo Soria, Geschäftsführer des Tanzstudios am Hauptbahnhof. „Die Atmosphäre dort ist ganz besonders: entspannt, sommerlich.“ An vier Sonntagen lädt der Open-Air-Tangoball in die HafenCity. Jeder kann mittanzen, Anfänger wagen bei einem Schnupperkurs die ersten Schritte, mit seiner Tanzpartnerin Verónica Villarroel zeigt Marcelo Soria eine Tangovorführung. Dazu werden Getränke und Speisen aus Argentinien gereicht.

„Wir wollen die Leute mit unserer Musik glücklich machen, denn Tango tut allen gut“, erklärt Soria. „In der HafenCity haben wir die Gelegenheit, unsere Kultur einem großen Publikum zu zeigen.“ An manchen Sonntagen kommen fast 3.000 Menschen zum „Sommer Tango“, Tänzer und Zuschauer. „Unsere Teilnehmer reisen aus ganz Deutschland an“, sagt der argentinische Profitänzer und Tanzlehrer stolz. Vor einigen Jahren wurde der „Sommer Tango“ von den Magellan-Terrassen auf die Elbpromenade am Unilever-Haus verlegt. Seit einem Jahr organisieren Soria und sein Team zudem den „Latino Sommer“ am Buenos-Aires-Kai an der HafenCity Universität, mit Tänzen wie Salsa, Merengue und Cha-Cha-Cha. Denn der Stadtteil wächst weiter und mit ihm der „Sommer in der HafenCity“.

Seit 2005 lädt das Veranstaltungs- und Kulturprogramm Besucher ein, die HafenCity zu entdecken. „Als damals die Magellan-Terrassen fertiggestellt wurden, haben wir uns gefragt, wie wir dem ersten öffentlichen Ort in der HafenCity Leben einhauchen und ihn ins Bewusstsein der Menschen rücken können“, erzählt Maike Schlimm. Die 42-Jährige leitet den Bereich Eventmanagement der HafenCity Hamburg GmbH. „Die Reaktionen waren von Anfang an sehr positiv“, erzählt Schlimm. „Viele Besucher sind beim Spazieren zufällig auf die Veranstaltung gestoßen – und waren begeistert.“ Oft reichten ein Mikrofon, eine Anlage, ein Stuhl, um einen öffentlichen Stadtraum in eine Bühne zu verwandeln.

Sommer in der HafenCity

2011 wurde der „Sommer in der HafenCity“ von den Magellan-Terrassen auf mehrere Standorte erweitert, am Magdeburger Hafen findet seitdem der „Swingtanz Sommer“ statt

2011 wurde der „Sommer in der HafenCity“ von den Magellan-Terrassen auf mehrere Standorte erweitert, neue Veranstaltungen kamen hinzu: Das Störtebeker Ufer am Magdeburger Hafen ist Schauplatz für den Poetry Slam „Wortflut“ und den „Swingtanz Sommer“. Mit den Partnern Hauptkirche St. Katharinen, Klub.K und dem Spielhaus HafenCity e. V. veranstaltet das Überseequartier vier bewegte Sonntage für Kinder und Jugendliche: mit Skate-Parcours, Zirkus und Graffiti. Das Ökumenische Forum feiert einen Tag der offenen Tür und präsentiert Rock, Pop und Jazz mit Musikern aus der HafenCity. Und bei „Käpt’n Kuddel unter Piraten“ erfahren Kinder auf dem Vorplatz des Internationalen Maritimen Museums Geschichten vom wilden Leben der Seeräuber.

„Dies ist ein Gemeinschaftsprojekt“, betont Maike Schlimm. Denn seit der dezentralen Ausweitung engagieren sich verstärkt lokale Institutionen, Unternehmen, Gastronomen und Investoren. 26 Programmpartner und 23 Sponsoren haben die Veranstaltungsreihe bislang unterstützt und locken die Besucher quer durch die HafenCity. Heute lebt das Programm mehr denn je vom Engagement der Beteiligten: Zahlreiche Akteure aus der HafenCity, etliche Kultur- und Programmpartner sowie Unterstützer und Förderer tragen gemeinsam dazu bei, Nachbarschaft und Stadtteilkultur zu beleben. Der Erfolg lässt sich auch in Zahlen messen: Seit 2005 haben mehr als 110.000 Zuschauer die knapp 250 Veranstaltungen der Reihe gesehen.

Sommer in der HafenCity

Nach der Eröffnung bietet der Familiensamstag Kindern und Jugendlichen ein buntes Programm: Es wird gespielt, gebaut, gelesen und getobt. Straßentheater und Clownerie halten Groß und Klein zusätzlich auf Trab

Sein zehnjähriges Jubiläum wird der „Sommer in der HafenCity“ mit einem Festwochenende ausgiebig feiern: Am 13. und 14. Juni kommen die beteiligten Partner auf den Magellan-Terrassen zusammen – dort, wo alles begonnen hat. Nach der Eröffnung bietet der Familiensamstag Kindern und Jugendlichen ein buntes Programm: Es wird gespielt, gebaut, gelesen und getobt. Straßentheater und Clownerie halten Groß und Klein zusätzlich auf Trab. Der Kultursonntag beginnt für Liebhaber des gesprochenen und geschriebenen Wortes mit einer Reise durch Erzählungen, Gedichte und Geschichten. Danach laden Musiker und DJs alle Besucher zum Verweilen, Zuschauen oder Mittanzen ein.

Zu den Veranstaltungen der ersten Stunde gehört auch die Lesebühne „Hamburger Ziegel“. An drei Sonntagen lesen Autoren auf den Magellan-Terrassen ihre Texte, die im aktuellen „Hamburger Ziegel“ erschienen sind. Die Anthologie deutschsprachiger Gegenwartsliteratur veröffentlicht Werke von Schriftstellern aus der Hansestadt. Zudem wird ein bekannter Gastautor eingeladen. „Wir wollen dem Publikum bei einer Veranstaltung, die keinen Eintritt kostet, Hamburger Literatur näherbringen“, sagt Nina Kuhn, Geschäftsführerin vom Literaturkontor Hamburg, das die Lesebühne veranstaltet. „Uns faszinieren der Ort und seine entspannte Atmosphäre: Man sitzt auf den Magellan-Terrassen und hat einen tollen Blick auf den historischen Hafen, während im Hintergrund die Sonne in der Elbe versinkt.“ Seit einigen Jahren organisiert das Literaturkontor Hamburg darüber hinaus „Leselotte ahoi!“: Eine Bücherraupe lädt Kinder und ihre Eltern zum Schmökern auf Picknickdecken ein – ab Juli im neuen Park Baakenhöft.

Sommer in der HafenCity

Lesungen und Poetry Slam sind Teil des Veranstaltungsprogrammes „Sommer in der HafenCity“

Sommer in der HafenCity

An junge Besucher richtet sich auch der „BauTraum“: Seit 2006 können sich Kinder als kleine Architekten versuchen

An junge Besucher richtet sich auch der „BauTraum“: Seit 2006 können sich Kinder als kleine Architekten versuchen. „Dieses wunderschöne Fest passt sehr gut in die HafenCity, weil das Umfeld die Kinder inspiriert“, sagt Organisator Stephan von Löwis of Menar. „An drei Sonntagen sammeln die Kinder unterschiedliche Erfahrungen, die mit Planen und Bauen zusammenhängen.“ Der 62-Jährige ist Geschäftsführer von KinderKinder e. V. und Initiator vom „BauTraum“. Auf der Kinderbaustelle setzen Kinder den Helm auf, mauern fleißig, bemalen Fassaden und feiern Richtfest, sie erkunden als Klempner eine Wasserbaustelle, lassen ihre Fantasie spielen, bildhauern mit Ytong-Steinen oder kneten ihre schönsten Architekturentwürfe.

Beim Workshop „TraumStadt“ können sich vierte und fünfte Schulklassen tiefer mit dem Thema „Architektur“ auseinandersetzen. Dafür hat die Künstlerin und Kunstdozentin Beate Mohr aus Saarbrücken mit KinderKinder e. V. ein Konzept entwickelt: Nachdem Stadtplaner am HafenCity-Modell im Kesselhaus ihre Arbeit erklärt haben, formen die Kinder auf den Magellan-Terrassen eigene Gebäude aus Styropor und heißem Draht. Zum Abschluss fährt ein kleines Auto mit einer Kamera durch die Straßen der neuen Modellstadt, um sie zu filmen. „Wenn es gut läuft, machen die Kinder dazu die passenden Geräusche, sodass man merkt, ob man gerade am Fußballstadion oder am Zoo vorbeifährt“, erzählt Stephan von Löwis of Menar.

Ein vielfältiges Fest für Groß und Klein: Das wird der „Sommer in der HafenCity“ auch in Zukunft bleiben. Für die kommenden Jahre ist geplant, den Entwicklungsprozess der HafenCity zu begleiten, innovative Formate zu entwickeln und neue Spielorte zu erschließen. Damit die Veranstaltungsreihe weiter mit dem Stadtteil wächst.

Text: Gunnar Herbst; Fotos: Thomas Hampel
Quartier 30, Juni–August 2015 , Rubrik:    
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