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Schwerathleten des Hafens

Seit vielen Jahrzehnten prägen die Schwimmkrane der HHLA das Bild des Hamburger Hafens und fördern seinen Ruf als Umschlagsort für Schwergut.
Der Schwimmkran HHLA III belädt die russische BASHKIROV aus Leningrad mit einem Rollkran (Anfang 1980er Jahre). Im Hintergrund links deutlich zu sehen Schwimmkran HHLA IV.

Der Schwimmkran HHLA III belädt die russische BASHKIROV aus Leningrad mit einem Rollkran (Anfang 1980er Jahre). Im Hintergrund links deutlich zu sehen Schwimmkran HHLA IV. (1)

In den Hafenanlagen zwischen der Oberelbe und Brunsbüttel kennt die beiden jeder. Der eine ist zwar schon fast 70 Jahre alt, stemmt aber Gewichte immer noch wie am ersten Tag. Eine 70 Tonnen schwere Schiffsschraube ist keine Herausforderung. Sein Partner, mit über 50 auch nicht mehr der Jüngste, kann sogar bis zu 200 Tonnen heben. Zusammen bringen sie eine Hubkraft von bis zu 300 Tonnen auf, um schwere und schwerste Stückgüter auf Container- oder Spezialschiffe zu verladen. Selbst in Zeiten mächtiger Containerbrücken bieten die beiden Schwimmkrane der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) einen überragenden Anblick. Zusammen sind die zwei Riesen nicht nur unverzichtbar für den Schwergutumschlag im gesamten Hafengebiet, sondern haben entscheidend zu Hamburgs Ruf als Schwerguthafen beigetragen. Sie sind lebendige Hafengeschichte. Der ältere, HHLA III, wurde 1940 von der Sowjetunion als Teil des Hitler-Stalin-Paktes in Auftrag gegeben. Die Bauzeichnungen und Betriebsanleitungen in Russisch liegen heute noch vor. Nach Hitlers Überfall auf die UdSSR wurde der Kran nicht mehr ausgeliefert und landete 1942 im Hamburger Hafen, wo er bis heute in Dienst steht. Der zweite Schwimmkran, HHLA IV, wurde nach dem Krieg 1957 gebaut.

Die Schwimmkrane sind lebende Hafengeschichte.
Der Schwimmkran HHLA IV bringt eine der restaurierten Brücken für den Traditionsschiffhafen, der 2008 im Sandtorhafen eingerichtet wurde.

Der Schwimmkran HHLA IV bringt eine der restaurierten Brücken für den Traditionsschiffhafen, der 2008 im Sandtorhafen eingerichtet wurde. (2)

Wie ihre Nummerierung zeigt, handelt es sich um die beiden letzten Vertreter einer sehr kleinen Population. Der erste selbstfahrende Kran der Hansestadt, nach seiner Übernahme durch die HHLA, kurz HHLA I genannt, stammt aus dem Jahre 1928 und blieb bis 1984 im Einsatz. Anschließend wurde er als technisches Denkmal dem Museum für Hamburgische Geschichte geschenkt. Tatsächlich handelt es sich bei den Schwimmkranen nicht nur um Krane, sondern auch um Schiffe. Weil sie nämlich Schwergut auch auf ihren riesigen Pontons transportieren können, gelten sie im Sinne der Seewasserstraßenordnung als Schiffe. HHLA III zeichnet sich auch durch eine weitere Besonderheit aus: Er besitzt drei Voith-Schneider-Propeller (VSP). Dieser einzigartige Schiffsantrieb wurde 270 Meter über dem Meeresspiegel im österreichischen St. Pölten von dem Ingenieur Ernst Schneider erfunden und 1927 von ihm und der Firma Voith als Patent angemeldet. Außergewöhnlich an diesem Propeller ist, dass er gleichzeitig Antrieb und Ruder ist. Ein Schiff mit mehreren VSP wie HHLA III kann sich in jede beliebige Richtung bewegen, also auch seitwärts fahren.

Seit 1964 nehmen die Schwimmkrane der HHLA am Geburtstag des Hamburger Hafens teil und sind beeindruckender Bestandteil der großen Schiffsparade. Auf ihren Schwerlastpontons finden bei dieser Hafenrundfahrt bis zu 200 Personen Platz, dazu Live-Band, Fischbrötchen und Bierchen. Ein Schwimmkran wie HHLA III muss dabei den Vergleich mit der Cap San Diego nicht scheuen. Auch er ist als Schiff ein Wahrzeichen, das dem Bild des Hamburger Hafens seinen einmaligen Charakter gibt.

Text: Gerhard Angerer, Fotos: (1) Hamburger Hafen und Logistik AG, (2) Thomas Hampel
Quartier 11, September–November 2010 , Rubrik:    
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