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Konnichiwa am Kaiserkai

Die japanische NYK Line, eines der größten Schifffahrts- und Logistikunternehmen der Welt, feiert die Einweihung ihrer Deutschlandzentrale in der HafenCity.


Thorsten Kröger (links) und Klaus-Peter Barth (rechts) haben von ihrem Büro aus die wachsende HafenCity im Blick. Eine Dynamik, die ansteckend wirkt. (1)

Thorsten Kröger (links) und Klaus-Peter Barth (rechts) haben von ihrem Büro aus die wachsende HafenCity im Blick. Eine Dynamik, die ansteckend wirkt. (1)

Es scheint, als hätte die NYK Line mit ihrem Umzug aus der City Süd auf den Bau der HafenCity gewartet und damit eine Adresse gefunden, die wie keine andere zur Tochtergesellschaft eines der größten und traditionsreichsten Unternehmen Japans passt. Die Elbe vor der Tür und den Hafen am Horizont, ist die NYK Line (Deutschland) GmbH seit Juli diesen Jahres mit ihrer Deutschlandzentrale in der HafenCity, Am
Kaiserkai 1, vertreten.

In der Diskussion um einen neuen Standort in Hamburg hatte NYK Line Geschäftsführer Klaus-Peter Barth (51) im Hauptquartier in Tokio den entsprechenden Trumpf in der Tasche. „Am Kaiserkai 1 – diese Adresse hat auch unser Management in Tokio sofort überzeugt,“ freut sich Barth.
Der Blick aus den Fenstern der drei Etagen hat seinen ganz besonderen Reiz. Er liegt vor allem in den spannungsreichen Kontrasten, die die wachsende HafenCity und die in sich ruhende Speicherstadt bieten: Freie Sicht über den Grasbrookhafen und das bunte Treiben auf den Marco-Polo-Terrassen, auf die kupfernen Giebel der Speicherblöcke und die Kirchturmspitzen der Hamburger Hauptkirchen.
Aber dieser Blick ist nichts gegenüber dem, den die japanischen Kollegen im NYK-Hauptquartier in Tokio genießen dürfen: Sie blicken direkt auf den Palast des japanischen Kaisers. Ein ungeheures Privileg. Und diese einmalige, bevorzugte Lage mit unverbaubarem Blick auf den Kaiserpalast und seine Gärten zeigt, welch hohen Stellenwert NYK in Japan seit Generationen einnimmt.

„Monohakobi“ – die Welt bewegen

„Monohakobi“, das japanische Wort für Transport, bedeutet bei NYK mehr als das, was generell unter dem Begriff verstanden wird. In der Unternehmensphilosophie steht Monohakobi für den ganz eigenen, individuellen Beitrag zur gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung der Welt: Sichere, verlässliche und weltweite Dienstleistungen zu Lande, auf dem Wasser und in der Luft. Ein Auftrag, den 51.000 Mit-arbeiter in 240 Niederlassungen in 27 Ländern weltweit täglich einzulösen versuchen, und der in Zeiten der Globalisierung immer anspruchsvoller und komplexer geworden ist. Aber in dieser Tradition ist die NYK-Gruppe, Nippon Yusen Kabushiki Kaisha, wie das Unternehmen formell heißt, mit einem Jahres-umsatz von 18 Mrd. US$ seit mehr als einem Jahrhundert erfolgreich.

Sein 120jähriges Bestehen feierte NYK im Jahre 2005 ausgerechnet mit einem Hamburger Unternehmen, der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA). Beide Unternehmen wurden im Jahre 1885 gegründet, sie verbindet eine Jahrzehnte lange, fruchtbare Partnerschaft. „Bereits 1898 liefen die ersten NYK Schiffe den Hamburger Hafen an und wurden bei der HHLA abgefertigt. 1972 legte mit der „Kamakura Maru“ das erste Vollcontainerschiff am Container-Terminal Burchardkai an. Heute gehen unsere großen Containerschiffe zum CTA nach Altenwerder, und unsere Auto-Carrier, die so genannten RORO-Schiffe, zum Spezial-Terminal O’Swaldkai. Wenn man will, kommen hier zwei mal 120 Jahre Erfahrung zusammen,“ ist Thorsten Kröger, General Manager Regional Marketing bei der NYK Line, mit der Entwicklung sehr zufrieden. Tatsächlich gehört die NYK mit mehr als 150 Schiffsanläufen im Jahr zu den Großkunden des Hamburger Hafens. Ihre nach Sternbildern benannten Containerschiffe, wie zum Beispiel die „NYK Orion“ oder die „NYK Vega“, sowie die Auto-Carrier sind jede Woche bei ihren ein- oder ausgehenden Fahrten auf der Elbe zu sehen.

Den Blick gen Osten gerichtet

Die NYK Line ist das erste japanische Unternehmen in der HafenCity, hier arbeiten zur Zeit 132 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Tendenz steigend. „Unser Umzug in die HafenCity ist für die NYK Line vor allem auch ein Bekenntnis zu Hamburg und dem Hafen. Dies ist ein neues und hoch motivierendes Umfeld für uns alle, aber natürlich richten wir den Blick in erster Linie täglich auf unser Geschäft,“ rückt Klaus-Peter Barth die Euphorie um den neuen Standort ein wenig zurecht. Denn was die Geschäftsaussichten betrifft, blickt er mit Vorliebe gen Osten. Neben Deutschland und Österreich ist Barth für die Container- und RORO-Verkehre der NYK Line in Osteuropa und Russland verantwortlich.

Am Kaiserkai 1 - ein exponierter Standortdirekt am Grasbrookhafen, vor den Fenstern Plätze und Promenaden (2)

Am Kaiserkai 1 - ein exponierter Standortdirekt am Grasbrookhafen, vor den Fenstern Plätze und Promenaden (2)

„Osteuropa, die baltischen Staaten und Russland sind für uns hoch interessante und sehr expansive Märkte,“ sagt Klaus-Peter Barth voller Überzeugung. „Aufgrund des starken Wachstums unserer Aktivitäten in Russland haben wir uns im Dezember letzten Jahres entschlossen, einen eigenen Feeder-Service nach St. Petersburg einzurichten. Unser Baltic Express Service, kurz BAX genannt, verbindet in wöchentlichem Rhythmus an festen Wochentagen die Häfen Hamburg und Amsterdam mit St. Petersburg und Kotka in Finnland. In St. Petersburg und Moskau sind wir auch mit eigenen Büros vertreten. Hamburg spielt aber nicht nur im Warenverkehr mit dem Osten eine zentrale Rolle, speziell für japanische Firmen ist Hamburg der Brückenkopf nach Osteuropa,“ so Barth.

Das bekräftigt auch Heinrich Lieser, Vorsitzender der Geschäftsführung der Hamburgischen Gesellschaft für Wirtschaftsförderung (HWF). „Hamburg und Japan pflegen schon seit über 100 Jahren intensive Handelsbeziehungen. Wie keine zweite Stadt in Deutschland ist die Hansestadt prädestiniert, als japanischer Brückenkopf in Zentraleuropa zu fungieren. Hamburg ist der östlichste Hafen des Atlantiks und der westlichste Osteuropas. Unsere attraktive Lage als wichtiger Logistikstandort für die Länder Mittel- und Osteuropas ist für japanische Firmen von großer Bedeutung.“ Und es heißt, die japanische Wirtschaft will ihre Aktivitäten in der Hansestadt weiter ausbauen.

Transport – der Treibstoff der Globalisierung

Beim rasanten Tempo der Globalisierung in den vergangenen 20 Jahren spielte neben der internationalen Arbeitsteilung vor allem auch der Seetransport eine ganz entscheidende Rolle. Der drastische Fall der Transportkosten, preiswertes Öl und die Beseitigung von Handelsbarrieren machte es ökonomisch erschwinglich, Rohstoffe und Endprodukte kostengünstig auf immer größeren Containerschiffen von Kontinent zu Kontinent zu verschiffen.

Mit rund 760 Hochseeschiffen ist NYK eine der größten Reedereien der Welt, im See-Transport von Automobilen führend und im internationalen Ranking der Container-Reedereien auf dem neunten Platz. 146 Containerschiffe befördern über 4 Millionen Tonnen Ladung jährlich, 36 Schiffsneubauten, mit Schiffsgrößen von zum Teil über 8.000 TEU (Twenty Foot Equivalent Unit/20Fuß-Einheit), sind in Planung bzw. im Bau oder bereits fertiggestellt, um dem anhaltenden Wachstum im weltweiten Containertransport zu entsprechen. Bei Stichworten wie Klimaschutz und CO2-Ausstoß oder stark gestiegene Ölpreise stellt sich die Frage, wie die Balance zwischen Ökologie und Ökonomie in Zukunft gestaltet werden kann.

Im Linienverkehr zwischen Europa, Fernost und Nordamerika fährt NYK im Rahmen des Konsortiums Grand Alliance (NYK, Hapag-Lloyd, OOCL und MISC) von Hamburg und Bremerhafen. (3)

Im Linienverkehr zwischen Europa, Fernost und Nordamerika fährt NYK im Rahmen des Konsortiums Grand Alliance (NYK, Hapag-Lloyd, OOCL und MISC) von Hamburg und Bremerhafen. (3)

Klaus Peter Barth ist, was die NYK betrifft, in dieser Frage optimistisch: „Natürlich drücken uns die hohen Ölpreise. Eine der praktizierten Maßnahmen ist die Drosselung der Fahrgeschwindigkeit der Containerschiffe um etwa 10 Prozent – das spart bis zu 30 Prozent Treibstoffkosten. Aber viel wichtiger ist für uns die langfristige Perspektive. Nicht nur auf die steigenden Treibstoffkosten werden wir mit effizienteren Transportlösungen reagieren. Auch die Entlastung der Seehäfen durch Inland-Container-Terminals oder der Ausbau von Transporten auf der Schiene gehören dazu,“ erklärt Barth. „Schon vor Jahren hat NYK ein eigenes Institut gegründet, das Forschung und Entwicklung in Transport und Logistik vorantreiben soll, das Monohakobi Technology Institute (MTI) in Tokio. Da macht man sich Gedanken über innovative Schiffs-antriebssysteme zum Schutz der Weltmeere und Reduzierung des CO2-Ausstoßes, über Informationstechnologie und Sicherungssysteme für Ladung, Schiff und Mitarbeiter. Ein ganz wichtiges Thema ist auch internationales Wissenstransfer, vor allem mit unseren Kunden. Da die globale Logistik aus vielen einzelnen Gliedern einer Kette besteht, bin ich sicher, dass wir die anstehenden Aufgaben auch nur gemeinsam lösen können,“ resümiert Klaus-Peter Barth zuversichtlich.



JAPAN IN HAMBURG
Die Hansestadt ist nach Düsseldorf der zweitwichtigste Standort für Japan in Deutschland. Über 100 japanische Firmen mit rund 7.000 Mitarbeitern haben ihren Sitz oder eine Niederlassung in und um Hamburg, darunter die Europazentralen von Sharp, Olympus, Panasonic oder Casio. Rund 300.000 Container aus und nach Japan werden jährlich im Hamburger Hafen umgeschlagen. Das traditionelle Kirschblütenfest im Mai jeden Jahres gilt mit seinen über 100.000 Besuchern als größtes Event in Deutschland mit Japan-Bezug. Seit 1989 besteht eine Städtepartnerschaft mit der japanischen Millionenstadt Osaka, mit Yokohama pflegt Hamburg seit 1992 eine intensive Hafen-Partnerschaft.


Text: Renate Haack, Fotos: (1), (2) Thomas Hampel, (3) NYK Line

Quartier 03, September–November 2008 , Rubrik:    
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