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Marktplatz Speicherstadt

Im Oktober wird in Block N Am Sandtorkai 23/24 eine Markthalle eröffnet:
Vom Bäcker bis zum Imbiss, vom Floristen bis zum Restaurant reicht das Angebot.
Ein Novum in den denkmalgeschützten Lagerräumen der Speicherstadt.


Wo wollen wir heute Mittag essen? Wo bekommen wir einen Geburtstags-Blumenstrauß? Typische Fragen in den Büros zwischen Kehrwiederspitze und Oberbaumbrücke. An die 300 Unternehmen – von Agenturen über Kanzleien bis zu Modefirmen – haben ihre Büros in der historischen Speicherstadt. Alle loben das kreative, lebendige, einmalige Umfeld – doch mittags knurrt allen der Magen. Der Weg in die Innenstadt oder mittlerweile auch in die benachbarte HafenCity war bisher unausweichlich. Doch ab Oktober erhält die Speicherstadt das, war ihr schon lange gefehlt hat: eine Markthalle mit Einzelhändlern. „Uns war die Ansiedlung dieser Kombination von Einzelhandel und Gastronomie bisher nicht erlaubt. In diesem Fall hat die Baubehörde eine Sondergenehmigung erteilt“, sagt Heidi Möller vom Immobilienvertrieb der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA). Die Stadt hat erkannt, dass die historische Speicherstadt zu einem lebendigen Scharnier zwischen Innenstadt und HafenCity werden muss. Touristen und Anlieger sollen hier auch mittags mal Pause machen können oder abends zum Essen kommen. Dazu eröffnet Hans- Christoph Klaiber, Inhaber des Veranstaltungsspezialisten Nord Event, im ersten Boden des Speicherblocks mit der eigens gegründeten Speicherstadt Gastronomie GmbH ein Restaurant. Nach der altdeutschen Schreibweise für Fleet wurde es „vlet“ genannt. „Der Name knüpft an die Tradition des Ortes an und die Küche tut es auch“, sagt Frauke Müller, die Leiterin der Unternehmenskommunikation. Klassische norddeutsche Gerichte sollen hier modern interpretiert werden. Man jagt zwar nicht den Sternen hinterher, aber der Anspruch ist hoch. Gleich drei erfahrene Experten der Spitzengastronomie konnten fürs vlet verpflichtet werden: Einen Sommelier, den Restaurantleiter und mit Sascha Jürgens einen Küchenchef mit Auslandserfahrung und einem Faible für die französische Küche. Das Restaurant bietet 100 Gästen Platz und natürlich eine Aussicht auf das Brooksfleet. Mittags gibt es eine kleinere Karte und abends das volle gastronomische Programm.

Die Speicherstadt erhält eine Markthalle
mit Einzelhandel und Gastronomie.

Unten in der Markthalle hat sich Nord Event gleich drei der sechs Einzelhandelsflächen gesichert. Der Event- und Cateringspezialist veranstaltet für seine Kunden bereits an drei weiteren Standorten in der Speicherstadt Feiern und Empfänge. Dieses Know-how in Sachen Essen und Dekoration wird nun auch der Markthalle zugute kommen. Die firmeneigene Bäckerei, der Meister kommt aus Franken, liefert Brot und Brötchen. Eigene Floristen binden Sträuße. Neben all dem Essen wirkt die Idee mit dem Blumenstand wie ein Fremdkörper, doch Frauke Müller ist überzeugt: „Wenn ein neuer Strauß für die Empfangstheke oder schnell ein paar Dankeschön-Blumen gebraucht werden, sind die hier schnell zur Hand.“

Nach dem Kaffee und belegten Brötchen am Morgen, hat man mittags in der Markthalle die Wahl zwischen dem auch in der Europa-Passage erfolgreichen „Chutney“ mit indischen Spezialitäten, dem Feinkost-Angebot von Nord Event, Sushi und heißen Kartoffeln sowie den Salaten, Suppen und Bagels von „Kopfsalat“. „Die Leute sollen für fünf bis sieben Euro ein gesundes Mittagessen kaufen können“, sagt Manuel Bruland von Kopfsalat. Eigentlich betreibt er die Cocktailbar Layback in St. Georg. Warum geht er mit einer Salatbar in die Speicherstadt? „Meine Freundin arbeitet hier bei einer Werbeagentur und klagt immer darüber, dass es nichts zu essen gibt“, sagt Bruland. Er ist vom Konzept der Markthalle überzeugt. „Unsere Mieter haben immer gefragt, wo können die Mitarbeiter essen gehen? Für sie ist das eine wichtige Standortfrage“, sagt Heidi Möller. Der Druck auf die HHLA wurde immer größer. Spätestens, seitdem die Hamburg Port Authority HPA mit 600 Mitarbeitern in der Speicherstadt sitzt, war die Kapazität der HHLA-Kantine ausgereizt. Alternativen sind lange überfällig. Schließlich ist die Speicherstadt ein wichtiges Bindeglied zwischen Innenstadt und HafenCity. Dafür liegt der Block N genau richtig: in Ost-West-Ausdehnung ungefähr in der Mitte der Speicherstadt und direkt an den Kibbelstegbrücken. Sie führt Fußgänger von der Innenstadt zur HafenCity und umgekehrt.

Die Böden über der Markthalle werden als Büroraum vermietet. Eine weitere Besonderheit steckt unter dem Dach. Erstmals wurden Flächen als Wohnbüros ausgewiesen. Wenn 70 Prozent des Raums gewerblich genutzt werden, darf der übrige Raum als Wohnung dienen. Die Speicherstadt ist als Wohngegend natürlich hoch interessant. Doch die HHLA will keine falschen Erwartungen wecken. Es wird bei den vier Einheiten in Block N bleiben, die erstmal auch nur Bestandsmietern angeboten werden. Unzureichende Fluchtmöglichkeiten bei Feuer oder Hochwasser verbieten eine Wohnnutzung der Speicher. Bei Block N ließ sich die Baubehörde überzeugen. Über die Kibbelstegbrücken kann man im Notfall schnell und trockenen Fußes flüchten. Doch erstmal wird die Markthalle zum zentralen Treffpunkt für gutes und gesundes Essen – und natürlich die Neuigkeiten aus den Nachbarbüros. 
 



FIRMEN IN BLOCK N
RAUM (HOCHPATERRE)
Chutney: indische Küche
Kopfsalat: frische Salate, Bagels, Suppen, Smoothies
Feinkost to go: Pasta, Sandwiches, Salate
Kartoffel- und Sushibar
Bäckerei, Florist

1. BODEN
vlet Restaurant, Bankfiliale


 

Text: Dirk Kunde

Quartier 03, September–November 2008 , Rubrik:    
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