Untergrund und Übersee
Nicht nur kontaminierter Aushub, auch ein vergessener Bunker aus dem Zweiten
Weltkrieg kam ans Tageslicht – die archäologische Ausbeute des Überseequartiers.
Wo heute elegante Luxusliner anlegen, stand vor gut 30 Jahren noch das Gaswerk Großer Grasbrook
– nach heutigen Maßstäben eine Dreckschleuder, die mit ihren Emissionen die gesamte Gegend in Mitleidenschaft zog, nicht zuletzt den Schuppen für Südfrüchte am Magdeburger Hafen. Eine besonders riskante Hinterlassenschaft des Gaswerkes befand sich im Untergrund: hochgiftige Verbindungen, die sich während der fast 120 Jahre des Betriebs abgelagert hatten. Die Fläche musste deshalb ausgebaggert und das Erdreich aufwändig dekontaminiert werden. Insgesamt wurden 280.000 Kubikmeter Boden bewegt.
Das Gaswerk Großer Grasbrook wurde ab 1846 nach Plänen des britischen Ingenieurs William Lindley ausgebaut, der auch die übrigen modernen Infrastrukturen Hamburgs konstruierte. Für den Standort sprach die Lage an der Elbe, d. h. die Kohle, die hier vergast wurde, konnte direkt aus den Schiffen gelöscht werden. Das giftige Stadtgas diente zunächst vor allem zur Beleuchtung. Als es durch Erdgas ersetzt wurde und zudem die schwere Sturmflut 1976 auch den Großen Gasbrook verwüstete, wurde das Gaswerk aufgegeben.
Bis 1985 stand noch das Stahlskelett des Gasbehälters, der um 1900 errichtet worden war und mit einer Kapazität von 200.000 Kubikmetern damals als der größte seiner Art in Europa galt. Anschließend wurde das Gelände aufgehöht und für die Lagerhallen und Kaianlagen des Cellpap-Terminals genutzt.
Erst bei Aushubarbeiten für die U4 wurde 2006 eine vergessene Hinterlassenschaft des Zweiten Weltkriegs wiederentdeckt: ein Rundbunker, der als Schutzraum für die Mitarbeiter des Gaswerks angelegt worden war.
Text: Ralf Lange, Fotos: (1), (2) Thomas Hampel, (3) Heinz-Joachim Hettchen