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Die Netzwerker des Hafens

Klappern gehört bekanntlich zum Handwerk. Für den Hamburger Hafen klappert seit seiner Gründung 1985 auf Initiative des Unternehmerverbands Hamburg der Hafen Hamburg Marketing e. V. (HHM).


Im Vordergrund stehen Informationen über den Hafen, die Anbahnung neuer Kontakte und die aufmerksame Beobachtung der Wettbewerber. (1)

Im Vordergrund stehen Informationen über den Hafen, die Anbahnung neuer Kontakte und die aufmerksame Beobachtung der Wettbewerber. (1)

Im vierten Stock des Hafenhauses an der Mattentwiete beschäftigen sich unter der Führung von Dr. Jürgen Sorgenfrei und Claudia Roller rund 15 Fachleute vor allem mit Zahlen, ihrer Interpretation und Veröffentlichung. Statistiken rauf und runter gehören da zum täglich Brot, von der Entwicklung des Seegüterverkehrs, über den Container-, Stück- und Massengutumschlag, die Veränderungen der Verkehre aus und in bestimmte Länder, die Aufschlüsselung des Umschlags in Warengruppen, der Zu- und Ablauf der Warenströme über die unterschiedlichen Verkehrsmittel und so weiter und so fort. „Im Vordergrund steht der Service für unsere Mitglieder“, erklärt Bengt van Beuningen, Chef der Kommunikationsabteilung. Dazu gehören in der Projektarbeit beispielsweise Markt- und Standortanalysen sowie branchenspezifische Untersuchungen. Aber natürlich ist die Kompetenz der HHM-Fachleute auch im Rathaus gefragt. Dazu van Beuningen: „Wir stehen in engem Kontakt zur Wirtschaftsbehörde. Wenn die Behörde aktuelle Zahlen aus dem Hafen braucht, sind wir natürlich der erste Ansprechpartner.“

Zu den Mitgliedern des HHM gehören mehr als 230 Unternehmen, viele von ihnen mit Sitz im oder am Hamburger Hafen. Traditionell zählen Reedereien, Umschlagbetriebe, Speditionen und große Versender wie Rickmers Linie, Hamburg Süd, HHLA, Buss, Schenker und die Neumann-Gruppe dazu, aber auch klassische Hafenrundfahrt-Reedereien bis hin zu kleinen Werbeagenturen, die mit dem Hafen zu tun haben. Schließlich sind auch Häfen vertreten, die eng mit Hamburg kooperieren, so die Betriebsgesellschaften der Häfen Lübeck, Magdeburg, Berlin oder die sächsischen Binnenhäfen.

Das Ohr am Puls der Zeit haben auch zahlreiche in- und ausländische Vertretungen des HHM in Dresden, München, Wien, Budapest, Prag, Warschau und St. Petersburg sowie in Hongkong, Seoul und Shanghai. Dabei stehen Informationen über den Hamburger Hafen, das Knüpfen neuer Kontakte sowie die genaue Beobachtung der Wettbewerber im Vordergrund. Über Gemeinschaftsstände gibt der Hafen Hamburg Marketing e. V. seinen Mitgliedsunternehmen die Möglichkeit, sich weltweit an den wichtigsten Fachmessen im In- und Ausland zu günstigen Konditionen zu beteiligen, ob in München, Moskau oder im chinesischen Shenzhen. Außerdem macht der HHM jährlich weltweit rund 50 sogenannte Kundenveranstaltungen, vom aktuellen Informationsabend, über Fachkonferenzen, Seminare und Workshops bis zum Hafenabend und gemütlichen „Stammtisch“.

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Bezüglich Hafenwirtschaft laufen bei der HHM alle Fäden zusammen.

Der umfangreiche informatorische Output des HHM wird unter anderem in wöchentlichen Newslettern und einem vierteljährlich erscheinenden Magazin bewältigt. Ein echter „Bestseller“, wenn auch für die potenzielle Kundschaft kostenlos, ist das über 200 Seiten starke, jährlich druckfrische Linienabfahrtverzeichnis. Bengt van Beuningen: „Das ist sozusagen unser Kursbuch aller Fahrtgebiete mit sämtlichen Linien und Häfen, die von Hamburg aus angelaufen werden. Diese Informationen bieten wir natürlich auch brandaktuell auf unserer Homepage an. Aber dennoch wird uns nach wie vor das gedruckte Heft von der verladenden Wirtschaft aus den Händen gerissen.“ Ebenfalls jährlich erscheint das „Hafen Hamburg Handbuch“, in dem neben wichtigen Basisinformationen (Terminals, Linien, Mitgliederverzeichnis) wichtige Neuigkeiten des vergangenen Jahres journalistisch aufbereitet werden. Hinzu kommen der Jahresbericht des Vereins, Spezialveröffentlichungen zu ausgewählten Themen in verschiedenen Sprachen und Pressemitteilungen.

Einen weiteren wichtigen Teil der HHM-Arbeit stellt schließlich die Betreuung von Besuchergruppen vor Ort dar. „In Kooperation mit der Hamburg Port Authority zeigen wir rund 170 bis 180 Fachbesuchergruppen im Jahr, jeweils mit bis zu etwa 30 Personen, alles rund um den Hamburger Hafen.“ Es handelt sich dabei üblicherweise um Wirtschafts- und Hafendelegationen aus anderen Städten, Kundengruppen von HHM-Mitgliedern, Studenten, Medienvertreter, Azubis aus den Bereichen Schifffahrt und Speditionen, Konferenzteilnehmer und Sondergruppen von Journalisten. Im Mittelpunkt stehen dabei natürlich nicht die üblichen touristischen Führungen. Das Spektrum reicht vielmehr von der Hafenrundfahrt, über die Begutachtung von Schiffsliegeplätzen, Umschlagterminals oder potenziellen Standortflächen bis zur Information über die Arbeit hafennaher Industriebetriebe. Doch auch die touristischen Highlights in Speicherstadt und HafenCity, wie Speicherstadt- und Gewürzmuseum, Kreuzfahrtterminal und Internationales Maritimes Museum werden bei solcher Gelegenheit gern vorgezeigt. Der Pressechef: „Das alles liegt ja direkt in unserer Nachbarschaft und ist ein wichtiger Bestandteil des Hafens. Wo immer es möglich ist, suchen wir für unsere Aktivitäten auch die entsprechenden Locations aus, ob Kesselhaus, alte Kaffeebörse oder demnächst vielleicht auch das Miniatur-Wunderland.“ An Locations und entsprechenden Gelegenheiten wird es auch in Zukunft nicht mangeln, da ist man sich beim HHM ganz sicher.

 
 


3 Fragen an Dr. Jürgen Sorgenfrei

Dr. Jürgen Sorgenfrei ist seit September 2001 Vorstand des HHM. Der am Institut für Verkehrswissenschaft der Universität Hamburg promovierte Volkswirtschaftler sammelte erste hafenspezifische Berufserfahrung bei der HPC Hamburg Port Consulting GmbH, einem Beratungsunternehmen der HHLA. Dort avancierte er 1991 zum Abteilungsleiter für den Bereich Transport, Logistik und Management sowie zum Geschäftsführer der Kooperationsgemeinschaft „ISETEC Innovative Seehafen Technologien“. (3)

Dr. Jürgen Sorgenfrei ist seit September 2001 Vorstand des HHM. Der am Institut für Verkehrswissenschaft der Universität Hamburg promovierte Volkswirtschaftler sammelte erste hafenspezifische Berufserfahrung bei der HPC Hamburg Port Consulting GmbH, einem Beratungsunternehmen der HHLA. Dort avancierte er 1991 zum Abteilungsleiter für den Bereich Transport, Logistik und Management sowie zum Geschäftsführer der Kooperationsgemeinschaft „ISETEC Innovative Seehafen Technologien“. (3)

Wie steht es um die aktuelle Konkurrenzsituation Hamburgs im internationalen Wettbewerb der Häfen?
Die Wettbewerbssituation für den Hamburger Hafen ist im Vergleich zu den europäischen Konkurrenten nach wir vor sehr gut. Das liegt vor allem an seiner Lage. Unser Hafen liegt nun mal mitten drin im Wirtschaftszentrum Hamburg mit seiner Metropolregion. Rund ein Drittel der umgeschlagenen Container kommen aus dieser Region oder sind für sie bestimmt. Für Rotterdam liegt dieser Faktor nur etwa bei 8 %, für Bremen gar bei lediglich 3 %. Und auch in der Anbindung an die mittel- und osteuropäischen Wachstumsregionen hat Hamburg im Vergleich beispielsweise zu Rotterdam einen großen Vorteil: Wir sind rund 500 km näher dran an Warschau, Prag, der Ukraine oder Russland. Legen Sie mal im Containertransport per Lkw einen Euro Kosten pro Kilometer zugrunde, dann ist Hamburg für die genannten Ziele rund 500 Euro günstiger. Das ist viel Geld im Transportgewerbe. Da verwundert es nicht, dass Russland hinter China und Singapur schon dritt wichtigster Handelspartner des Hamburger Hafens ist.

Wie wird sich die Finanz- und Wirtschaftskrise kurz- und mittelfristig auf den Hamburger Hafen auswirken?
Natürlich gibt es derzeit eine Wachstumsdelle, die wir spüren. Der Gesamtumschlag 2008 stagnierte gegenüber dem Vorjahr bei etwa 140,4 Mio. Tonnen. Der Containerumschlag ging sogar um 1,5 % zurück, verursacht vor allem durch Rückgänge im letzten Quartal. Aber es gibt auch Erfreuliches zu berichten: Der Umschlag von Massengütern stieg erheblich, so beispielsweise der Import von Mineralölprodukten wegen des günstigen Ölpreises um 38,6 %. Gut, dass Hamburg nach wie vor ein Universalhafen ist. Die derzeitige Finanzkrise ist eine konjunkturelle Krise. Sie wird den langfristigen Wachstumstrend für den Hamburger Hafen verzögern, aber nicht aufhalten können. Es wird weiter investiert, und das muss es auch, denn es klemmt in einigen infrastrukturellen Bereichen, vor allem auf der Straße, bei der Bahn und auch der Binnenschifffahrt.

Wie sehen Sie die Entwicklung von Speicherstadt und HafenCity ganz persönlich, aber auch in Verbindung mit der Arbeit des HHM?
Für mich persönlich ist die Speicherstadt das schönste Wahrzeichen Hamburgs. Es hat sich dort sehr viel getan. Das ist toll. Ich bin ein bisschen neidisch auf jeden, der sein Büro in der Speicherstadt hat. Für unsere zahlreichen Fachbesuchergruppen sind Speicherstadt und HafenCity feste und wichtige Bestandteile der Besichtigungsprogramme.
 
 

3 Fragen an Claudia Roller

Claudia Roller übernahm im April 2008 die Vorstandsposition des HHM von ihrem Vorgänger Hendrik Lorenz. Bei Hamburgs Traditionsreederei Hapag-Lloyd wurde sie zur Kauffrau im Reederei- und Schiffsmaklergewerbe ausgebildet. Anschließend arbeitete sie in verschiedenen Abteilungen und Positionen bei der Reederei, war von Hapag-Lloyd in San Francisco stationiert und ging 1984 zur HHLA in den Vertriebsbereich. Dort stieg sie 2001 zur Vertriebsleiterin im Bereich Container für die Terminals CTA, CTB und CTT auf und wurde 2006 General Manager Marketing bei HHLA Intermodal. Claudia Roller war Mitglied des Kaitarifausschusses des Unternehmerverbandes Hafen Hamburg. (4)

Claudia Roller übernahm im April 2008 die Vorstandsposition des HHM von ihrem Vorgänger Hendrik Lorenz. Bei Hamburgs Traditionsreederei Hapag-Lloyd wurde sie zur Kauffrau im Reederei- und Schiffsmaklergewerbe ausgebildet. Anschließend arbeitete sie in verschiedenen Abteilungen und Positionen bei der Reederei, war von Hapag-Lloyd in San Francisco stationiert und ging 1984 zur HHLA in den Vertriebsbereich. Dort stieg sie 2001 zur Vertriebsleiterin im Bereich Container für die Terminals CTA, CTB und CTT auf und wurde 2006 General Manager Marketing bei HHLA Intermodal. Claudia Roller war Mitglied des Kaitarifausschusses des Unternehmerverbandes Hafen Hamburg. (4)

Wie sieht Ihre persönliche Bilanz nach dem ersten Jahr beim HHM aus?
Vieles im HHM war mir durch meine vorangegangenen Tätigkeiten bekannt, noch mehr ist aber für mich neu gewesen. Die Kolleginnen und Kollegen haben es mir leicht gemacht, mich zurecht zu finden. Mit ihrer Hilfe ist es auch 2008 gelungen, ein positives Bild von Hamburg, seinem Hafen und seinen Unternehmen im Inland und Ausland zu vermitteln. Sehr erfreulich ist zudem, dass die Mitglieder des HHM – immerhin inzwischen mehr als 230 – zusammen mit Institutionen wie HPA, Zoll und anderen Behörden bei verschiedensten Gelegenheiten zusammenrücken und gemeinsam gegenüber Kundschaft die Interessen des Hafens vertreten.

Gibt es eine bestimmte Arbeitsteilung im Vorstand des HHM?
Ja, die Arbeitsteilung ist insbesondere in der Marktbetreuung deutlich erkennbar: Während Dr. Sorgenfrei für den außereuropäischen Bereich zuständig ist, nehme ich Deutschland und das europäische Ausland wahr. Auch die weiteren Aufgaben sind entsprechend zugeordnet.

Welche Projekte und Vorhaben, die Sie mit Ihrer Arbeit beim HHM auf den Weg bringen möchten, sind Ihnen besonders wichtig?
Es gibt eine Vielzahl an Themen, die zum Teil bereits aufgegriffen wurden. Gerade in der momentanen Marktsituation sehe ich unsere Aufgabe darin, uns offensiv zu bewegen, und die Marke „Hafen Hamburg“ mit seiner Universalität, Qualität und positiven Dienstleistungsmentalität, der Transportvielfalt, Modernität der Anlagen und der Professionalität der Handelnden verstärkt in den Vordergrund zu rücken. Dies ist umso wichtiger, als es erstmals seit langem wieder Überkapazitäten gibt, die sich im verstärkten Kampf um Marktanteile widerspiegeln.

 
 
 
 



 

Text: Michael Hertel, Fotos: (1), (4) Thomas Hampel, (2) Heinz-Joachim Hettchen, (3) Michael Zapf

Quartier 05, März–Mai 2009 , Rubrik:    
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