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Hotel mit Handicap

In der HafenCity soll Europas größtes integratives Hotel entstehen. Obwohl zu wenig Geld bereit steht, bleibt sein Initiator Kai Wiese optimistisch.


Kai Wiese ist schwer zu erreichen. Der Mann muss derzeit viel Überzeugungsarbeit leisten, vor allem bei den Banken. Als Vorstandsvorsitzender von Jugend hilft Jugend, dem Trägerverein des Stadthaushotels, ist er verantwortlich für die Realisierung eines Traums. Wiese möchte in der HafenCity ein integratives Hotel eröffnen. Im Gespräch macht er aber deutlich, dass er Realist ist und kein Träumer. Mit dem Stadthaushotel in Altona hat er vor 15 Jahren das erste integrative Hotel Europas eröffnet. Nun will er in der Hongkongstraße auch das größte integrative Hotel Europas bauen. Drei Sterne Superior lautet das Ziel. 80 Zimmer soll es haben, einen Konferenzsaal mit 120 Plätzen, und 40 der 60 Arbeitsplätze werden Menschen mit Behinderung übernehmen.

„Wir sind aber kein Behindertenhotel“, betont Wiese. Ihm geht es um das selbstverständliche Zusammenkommen von Menschen mit und ohne Handicap. In Altona sind 70 Prozent der Gäste ohne Behinderung. Die Behinderung eines Menschen will Wiese nicht wegdiskutieren und auch keinen politisch korrekten Ausdruck dafür finden. Aber aus dem Defizit will er Kompetenzen machen. „Unsere Mitarbeiter gehen so herzlich und voller Freude auf die Gäste zu, die empfinden das nicht als Last“, beschreibt Wiese die Situation in Altona. Das will er auch in der HafenCity schaffen. Für ihn ist das Hotel ein Leuchtturmprojekt. An Unterstützern der guten Idee mangelt es nicht. Die Bürgerschaft hat beschlossen, eine Million Euro beizusteuern. Die Gesundheitsbehörde gibt 1,8 Millionen Euro dazu. Mit Spenden und Eigenmitteln sind bisher 3,5 Millionen Euro zusammengekommen. Für große Aufmerksamkeit sorgte 2007 eine Plakataktion. Prominente wie Hellmuth Karasek, Lotto King Karl, Eva Hassmann und Otto Waalkes warben für das Projekt. Eigentlich sollte bereits dieses Jahr eröffnet werden.


„Wir sind nicht von der weinerlichen Fraktion.“ (Kai Wiese)

Die Finanzkrise kam dazwischen. Zudem sind in der sechsjährigen Planungsphase die Baukosten wegen Preissteigerungen und Mehrwertsteuererhöhung von 10 auf 13,5 Millionen Euro angestiegen. Die fehlenden Millionen bei Banken als Kredit zu bekommen, für ein soziales Hotelprojekt, ist derzeit keine leichte Aufgabe. „Aber wir sind nicht von der weinerlichen Fraktion“, betont Wiese. Er geht fest von einem Baubeginn 2009, spätestens 2010 und einer Bauzeit von einem Jahr aus. „Seit 1970 habe ich mit sozialen Trägern vier Immobilienprojekte realisiert und hatte noch nie so viel Eigenkapital zur Verfügung“, sagt er optimistisch. Gleichzeitig appelliert er an die Hamburger Kaufmannschaft. Das Vorzeigeprojekt braucht noch rund eine Million Euro Spenden. Er ist aber nicht nur Optimist, sondern auch Pragmatiker. Unternehmen können auch gern ihre Tagungen und Konferenzen im Stadthaushotel abhalten. Wenn sie behinderte Mitarbeiter haben, sei das kein Problem, denn das Hotel wird barrierefrei sein. „Damit sind nicht nur die Rollstuhlfahrer gemeint“, sagt Wiese. Auch blinde und hörgeschädigte Menschen werden sich in dem Haus zurecht finden. Die Barrierefreiheit werden letztlich alle Gäste zu schätzen wissen.

Ein geschultes Team gibt es schon. Das Personal wird rechtzeitig vor der Eröffnung im Altonaer Hotel trainiert und eingespielt. Es gibt keinen kalten Start in der HafenCity. Wenn es nach Kai Wiese geht, könnte das Hotel morgen eröffnen.
 

Text: Dirk Kunde, Foto: Peter Hönnemann

Quartier 05, März–Mai 2009 , Rubrik:    
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