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Immer ein paar Schoten auf Lager

Wo in der Welt würde man ein Gewürzmuseum erwarten, wenn nicht in der Stadt der Pfeffersäcke? Wer aber nur Gewürze in Vitrinen erwartet, sieht sich schnell getäuscht. Spicy’s hat bedeutend mehr zu bieten.


Riechen, Schmecken, Anfassen: Im Spicys Gewürzmuseum finden sich Gewürze aus aller Herren Länder. (1)

Riechen, Schmecken, Anfassen: Im Spicy's Gewürzmuseum finden sich Gewürze aus aller Herren Länder. (1)

Das waren noch scharfe Zeiten: Mit einem Sack getrockneter Nelken als Mitgift galt eine Braut als gute Partie. Und zum Zeichen besonderen Reichtums mümmelten die sprichwörtlichen Hamburger Pfeffersäcke zum Nachtisch gern Pfefferkörner aus dem bereit gestellten Schälchen, so wie man heute vielleicht zu Erdnüssen, Schokolinsen oder Chips greift. Weltumspannende Imperien basierten auf dem einträglichen Gewürzhandel, blutige Kriege wurden um die wertvollen Naturprodukte geführt. Bis heute stehen Gewürze für Fernweh und wundersame Heilwirkungen – man denke nur an den Comic-Druiden Miraculix. Doch auch der Gewürzhandel ist im Zuge der Globalisierung längst prosaisiert. Überbleibsel der einstigen (Zauber-)Welt der Gewürze findet man aber noch im Hamburger Gewürzmuseum Spicy’s in der Speicherstadt.

„Die Idee war, Dinge aus der Welt der Gewürze zu erhalten, bevor sie gänzlich verschwunden sind“, erklärt Museums-chefin Viola Vierk, selbst im Gewürzhandel ausgebildet und 14 Jahre lang tätig. Auf ihren Handelsreisen fand sie Kostbarkeiten wie Dokumente, Werkzeuge und Maschinen aus dem geheimnisvollen Universum der Gewürze und brachte sie mit nach Deutschland. Hamburg mit seinem bedeutenden Gewürzumschlag und Unternehmen, die sich bis heute mit Gewürzhandel und der Veredelung befassen, erschienen ihr und Kompagnon Uwe Paap als bestes Pflaster für den Aufbau eines Gewürzmuseums. Die Anfänge lagen in der Wandsbeker Richardstraße, doch schon 1993 konnten die heutigen, stilgerechten Räume in der Speicherstadt bezogen werden.

Inhaberin Viola Vierk trug zahlreiche Kostbarkeiten zusammen, die mit Gewürzen in Verbindung stehen. (2)

Inhaberin Viola Vierk trug zahlreiche Kostbarkeiten zusammen, die mit Gewürzen in Verbindung stehen. (2)

„Ursprünglich sollte das Gewürzmuseum lediglich Werbung für unsere verlegerischen Aktivitäten machen“, berichtet die gelernte Außenhandelskauffrau. So gaben die Fachleute Paap und Vierk unter anderem Newsletter für die Gewürzbranche heraus. Im Jahr 2000 wurden die beiden Bereiche – Verlag und Museum – getrennt. Von da an war Viola Vierk allein für das Gedeihen des Museums verantwortlich. Inzwischen hat sie das einzige Gewürzmuseum der Welt als feste Größe in der Hamburger Museumslandschaft etabliert. „Zumindest“, sagt sie, „ist es bis heute das einzig bekannte Museum, das sich ausschließlich mit Gewürzen befasst.“ Mit regelmäßig weit über 140.000 Besuchern jährlich gehört das Spicy’s schon zu den am besten besuchten Einrichtungen der Hansestadt. Schon erstaunlich, zumal man die Existenz des Museums erst erkennt, wenn man unmittelbar vor dem Eingang steht – Vierk: „Streng genommen, firmieren wir hier unter „artfremdem Gewerbe“ mit Sondergenehmigung. Und Werbung darf am denkmalgeschützten Speicher nicht angebracht werden.“

„Hier findet man keine langweilige Abstellkammer für
staubige Altertümer, die man nicht berühren darf.“

Doch auf dem 2. Boden Am Sandtorkai 32 gibt es viel mehr zu sehen und erleben als rund 900 Exponate aus fünf Jahrhunderten. Hier findet man keine langweilige Abstellkammer für staubige Altertümer, die man nicht berühren darf. Das Motto lautet vielmehr „Riechen, Schmecken, Anfassen“ – und da sind garantiert scharfe Sachen dabei. Inzwischen ist das Spicy’s zu einem regelrechten Veranstaltungszentrum avanciert: „Neben der Dauerausstellung gibt es mehrmals wechselnde Sonderschauen. Außerdem veranstalten wir gemeinsam mit dem Hamburger Nachtwächter Volker Roggenkamp Speicherstadttouren und Ringelnatz-Lesungen, Kulinarische Dämmertörns mit dem Fernsehkoch Erich Häusler, Gewürzseminare mit der Fachjournalistin Bettina Matthaei und bieten ein komplettes Kulinarisches Speicherstadt-Paket mit Museumsbesichtigung, Rundgang und anschließendem Essen im Zippelhaus an, um nur die wichtigsten Events zu nennen.“ Alles Veranstaltungen mit viel Wissenswertem rund um das Thema Gewürze, mit Atmosphäre und Lokalkolorit. Kein Wunder also, dass Hamburger und Auswärtige Viola Vierk inzwischen den Boden einrennen – von der Schulklasse bis zum Beiersdorf-Aufsichtsrat. Und auch die Saison 2009 wartet wieder mit Highlights auf: Nach der Wellness-Ausstellung, die noch bis in den April zu sehen ist, dreht sich im Gewürzmuseum alles um die italienische Pasta-Küche und ihre Würzung. Und natürlich soll es auch zum nächsten Weihnachtsfest wieder eine Sonderschau in Zusammenarbeit mit Star-Konditor Adolf Andersen geben.

Spicy’s Gewürzmuseum
Am Sandtorkai 32, 20457 Hamburg
Di. bis So. von 10 bis 17 Uhr
Sonn- u. Feiertage geöffnet
www.spicys.de

 

Text: Michel Hertel, Fotos: (1) Thomas Hampel, (2) Spicy’s Gewürzmuseum

Quartier 05, März–Mai 2009 , Rubrik:    
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