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Seelenfänger

Der Lichtkünstler und Theatermacher Michael Batz über Finanzkrise, Tod und Teufel – und über den Auftakt des „Hamburger Jedermann“ am 10. Juli 2009.


Auge in Auge: Der Tod (Wolfgang Hartmann) im Zwiegespräch mit dem Hamburger Jedermann (Robin Brosch).

Auge in Auge: Der Tod (Wolfgang Hartmann) im Zwiegespräch mit dem Hamburger Jedermann (Robin Brosch).

Wenn es noch eines Ereignisses bedurft haben sollte, um die Aktualität des „Hamburger Jedermann“ nachdrücklich vor Augen zu führen, dann bietet die gegenwärtige Weltfinanz- und Wirtschaftskrise bestes Anschauungsmaterial. Banken gehen zum Teufel, Manager bringen sich um. Geld verbrennt, die Lebensersparnisse kleiner Leute fallen der irren Spekulation mit hochgiftigen Wertpapieren zum Opfer. Sicherheit ist Lüge, Gewissheit ist bloßer Schein, Gier ist grenzenlos. Gestern noch Top, heute schon Flop. Der freie Markt kriecht unter das Dach des Staates. Weltkonzerne, denen es vorher nicht schnell genug gehen konnte, steigen aus dem großen Rennen, nicht allein in der Formel 1, aus. Die Schäffler-Gruppe und Porsche demonstrieren, dass man an einem zu großen Schluck aus der Pulle eben auch absaufen kann.

„Der Hamburger Jedermann“, dieses einzigartige Theater vor der grandiosen Kulisse der historischen Speicherstadt, setzt auch in der 16. Saison seine Erfolgsgeschichte fort. Prägnant und mitreißend wird der Zustand der Zeit auf die Bühne gebracht. Die alte Geschichte von Sein und Haben, Tod und Teufel bringt auch die Gegenwart auf den Punkt: Was ist ein Wert und wie weit darf man dafür gehen, ohne in ganz tiefes Wasser – ohne Wiederkehr nicht nur am Kehrwieder – zu fallen?

Text und Foto: Michael Batz

Quartier 06, Juni–August 2009 , Rubrik:    
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