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Nach holländischer Art

Der Holländische Brook ist eine traditionsreiche Straße des alten Hamburg. Zusammen mit dem gegenüber liegenden Alten Wandrahm, der zur Fleetseite von Fachwerkspeichern gesäumt wurde, bildete er ein malerisches Quartier.

Das Wandrahmsfleet mit den Speichern am Alten Wandrahm, rechts ist der Holländische Brook zu sehen. Ein beliebtes Motiv für Fotografen und Künstler war der so genannte Galgenspeicher vorne links. (Aufnahme um 1882)

Das Wandrahmsfleet mit den Speichern am Alten Wandrahm, rechts ist der Holländische Brook zu sehen. Ein beliebtes Motiv für Fotografen und Künstler war der so genannte Galgenspeicher vorne links. (Aufnahme um 1882) (1)

1898 wurden die Bürgerhäuser am Holländischen Brook für den Bau der Speicherstadt abgebrochen und das Gelände danach völlig neu aufgeteilt. Der heutige Holländische Brook hat deshalb nur noch den überlieferten Namen mit der historischen Straße gemein. Diese lag ursprünglich an der Südseite des Wandrahmfleets, also ungefähr dort, wo heute der Speicherblock U steht. Der Verlauf des östlichen Teils des Holländischen Brooks, der sich bis zur Poggenmühle erstreckte, lässt sich dagegen nicht mehr im Stadtbild nachvollziehen. Heute vereinigen sich an dieser Stelle das Holländischbrookfleet und das Wandrahmsfleet zu einem breiten Wasserarm.

Der Holländische Brook wurde im 16. Jahrhundert nach dem Vorbild der niederländischen Grachten angelegt, d.h. zwischen den Häusern und dem Fleet gab es einen schmalen Fahrdamm. Diese Assoziation mit typisch holländischen Stadtbildern erklärt vielleicht den Straßennamen, wobei Brook die feuchten Niederungen der Marsch bezeichnet – wie in Hammerbrook, Grasbrook oder Billbrook. Es lässt sich zwar nicht belegen, dass die Straße von Holländern angelegt wurde. Für das 17. Jahrhundert sind aber etliche Bewohner nachgewiesen, die aus den Niederlanden stammten, zu denen ursprünglich übrigens auch das heutige Belgien zählte. Sie waren Flüchtlinge, die der achtzigjährige Unabhängigkeitskrieg der Niederlande gegen die spanische Krone (1568-1648) bis an die Elbe verschlagen hatte.

Block U am Holländischen Brook heute: Die Straße lag ursprünglich in etwa dort, wo heute der Speicherblock steht. Das Holländischbrookfleet, das auf dem Foto rechts zu sehen ist, wurde erst nach dem Abriss der ursprünglichen Bebauung ausgehoben.

Block U am Holländischen Brook heute: Die Straße lag ursprünglich in etwa dort, wo heute der Speicherblock steht. Das Holländischbrookfleet, das auf dem Foto rechts zu sehen ist, wurde erst nach dem Abriss der ursprünglichen Bebauung ausgehoben. (2)

Der Holländische Brook wurde durch schmale Giebelhäuser aus dem 17. und 18. Jahrhundert geprägt, die auf den wenigen überlieferten Fotos relativ bescheiden anmuten, zumal wenn man sie mit den barocken Palais am Neuen Wandrahm vergleicht. Die Straße galt dennoch als bevorzugte Adresse des Bürgertums. Das lag nicht zuletzt auch daran, dass sich die Grundstücke nach Süden hin zum Stadtwall öffneten. Dieser wurde nach der Besetzung Hamburgs durch napoleonische Truppen abgetragen, so dass die Bewohner des Holländischen Brooks von ihren kleinen Hofgärten aus einen freien Blick über den Großen Grasbrook genossen, der bis weit in das 19. Jahrhundert hinein hauptsächlich aus Weideland bestand.

Ab den 1850er Jahren wurde dieses Idyll jedoch schrittweise durch die Anlage der neuen Häfen auf dem Großen Grasbrook zerstört. Der Wallgraben wurde sukzessive zu zwei neuen Hafenbecken, dem Sandtorhafen und dem Brooktorhafen, ausgebaut. Außerdem gab es noch einen brackigen Graben hinter den Gärten am Holländischen Brook, der zugeschüttet wurde. Das auf diese Weise gewonnene Gelände bot sich für den Bau von Mietshäusern an, in deren Schatten nun die Giebelhäuser lagen. Das Bürgertum wanderte zu dieser Zeit aber auch allgemein aus der Innenstadt ab und zog in die neuen Villenviertel an der Außenalster oder auf dem Geestrücken von Hamm und Borgfelde.

Paul Hertz, der als Sohn eines Kaufmanns am Holländischen Brook groß geworden war, hat diese Entwicklung in dem Band „Unser Elternhaus“ geschildert: „Mit der hübschen Aussicht nach Süden und der ländlichen Stille war es nun vorbei; unaufhörlich rollten Güterzüge auf der Kaibahn hin und her. An Stelle des Vogelgesanges trat der grelle Pfiff der Lokomotive. Der Holländische Brook, einst eine vornehme Straße, wurde mehr und mehr von den wohlhabenden Bewohnern verlassen und wandelte sich in eine Straße für Handwerker und Geschäftstreibende um.“

Text: Ralf Lange, Fotos: (1) ELBE&FLUT Edition / Strumper  &  Co, (2) Thomas Hampel
Quartier 07, September–November 2009 , Rubrik:    
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