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Mast und Schotbruch

Der Traditionsschiffhafen in der HafenCity ist keineswegs ein Altersheim für klapprige Seelenverkäufer, sondern eine Anlaufstelle für fahrtüchtige Schiffe, die Abenteuerliches aus über 100 Jahren Seefahrtsgeschichte erzählen können.

Morgens um zehn ist „Schäfchen zählen“ angesagt. Dann läuft Marketingfachfrau Kathi Petras die Kante des 340 Meter langen Pontons entlang, schnuppert Kaffee-, Speck- und Rühreidüfte beim Nachschauen, ob noch alle Kutter, Schlepper, Schoner, Klipper und sonstige Schiffe ordentlich vertäut an ihren Plätzen liegen. Alltag für die Crew der ehrenamtlichen Hafenmeister von Hamburgs ältestem und zugleich jüngstem Hafen. Mit dem Sandtorhafen entstand 1866 Hamburgs erstes künstliches Hafenbecken, in dem die Schiffe längsseits an einer Kaimauer anlegten. Das war die Zeit, als Dampfschiffe die stolzen Windjammer zu verdrängen begannen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Sandtorhafen für die immer größeren Frachter zu klein und verlor an Bedeutung. Erst der Bau der HafenCity hauchte ihm neues Leben ein: Die HafenCity Hamburg GmbH und die Stiftung Hamburg Maritim konzipierten gemeinsam den neuen Hafen für alte Schiffe. Seit September 2008 haben schwimmende Oldtimer unterschiedlichster Typen aus verschiedenen Epochen, die zuvor ihre Liegeplätze verstreut entlang der Elbe hatten, im Traditionsschiffhafen eine neue Basis. Die meisten der rund 25 Schiffe gehören der Stiftung, die das maritime Erbe der Stadt in Form von liebevoll gepflegten Segel-, Dampf- und Diesel-Veteranen zu erhalten sucht. Anders als in vielen Museen dürfen hier die „Exponate“ auch angefasst und betreten werden. Alle Schiffe sind fahrtüchtig, viele können gechartert oder für Feiern gemietet werden.

Der Sandtorhafen reichte einst bis zum Brooktor, wurde aber in den 80er Jahren teilweise zugeschüttet, bis er seine heutige Form erhielt.(1)

Seit seiner Eröffnung 2008 gehört der Traditionsschiffhafen im Sandtorhafen zu den großen Attraktionen der HafenCity.

Seit seiner Eröffnung 2008 gehört der Traditionsschiffhafen im Sandtorhafen zu den großen Attraktionen der HafenCity.(2)

Rund um die Oldtimer wird 2011 wieder zünftig Programm gemacht: Zu den Höhepunkten zählen der Hafengeburtstag vom 6. bis 8. Mai, der Jever SUP World Cup für die weltbesten Brettpaddler vom 29. bis 31. Juli, der maritime Flohmarkt Tüdel un Tampen anlässlich des Besuchs der Queen Mary 2 am 13. und 14. August und die In-Water-Hanseboot vom 29. Oktober bis 6. November. Ein so ambitioniertes Programm klappt nur mit einer engagierten Hafenmeister-Crew. Für die Saison 2011 wird noch Verstärkung gesucht. Man muss dafür nicht schon Seemann oder Seefrau gewesen sein. Kathi Petras beispielsweise hatte anfangs „vom Maritimen keine Ahnung“. Ihr Tipp: „Man sollte vor allem flexibel und kommunikativ sein“. Zu tun gibt es jedenfalls genug: beim An- und Ablegen helfen, den Seeleuten mit Rat und Tat zur Seite stehen, Durchfahrten unter der Klappbrücke organisieren, Liegeplatzanfragen bearbeiten und der jährlich wachsenden Zahl an Touristen Auskünfte geben. Für Kathi Petras ist die Hafenmeisterei in der HafenCity „der schönste ehrenamtliche Arbeitsplatz Hamburgs“.

Schlepper Fairplay VIII

Baujahr: 1962, Werft Theodor Buschmann, Hamburg Länge: 24,55 m Breite: 7,02 m
Maschine: 7 Zylinder MAN Diesel, ca. 600 PS Höchstgeschwindigkeit: 11,5 Knoten
Als ehemals hochmodernes Schlepp- und Bergungsfahrzeug ist sie noch heute in ihrem Originalzustand erhalten, einschließlich Kombüsenherd, Lämpchen und Wohnräumen.

Schlepper Fairplay VIII

Schlepper Fairplay VIII, (1), (2)

Staatsdampfer Schaarhörn

Baujahr: 1908, Schiffswerft und Maschinen-fabrik (vormals Janssen & Schmilinsky AG), Hamburg-Steinwerder Länge: 41,66 m Breite: 6,80 m Maschine: 2 Dreifach-Expansions-Dampfmaschinen, je 412 PS
Ursprünglich Peildampfer und Repräsentationsschiff des Senats, ist die Schaarhörn heute fast ein kleines Hamburger Wahrzeichen.

Staatsdampfer Schaarhörn, (5), (6)

Staatsdampfer Schaarhörn, (3), (4)

Besan-Ewer Johanna

Baujahr: 1903, Werft Jos. Thormälen, Elmshorn Typ: stählerner Frachtewer, zwei Masten Takelung: Gaffelketsch Länge: 18,62 m Breite: 4,76 m Segelfläche: 165 qm Maschine: 2 Zylinder Modag, 50 PS
Als Hertha vom Stapel gelassen, in Ingeborg umgetauft, als Johanna in Rente gegangen, war sie 60 Jahre Frachtsegler auf der Elbe.

Besan-Ewer Johanna

Besan-Ewer Johanna, (5), (6)

Fischer-Ewer Catarina

Baujahr: 1889 in Neuhof, Hamburg Typ: Fischkutter Takelung: Besan-Ewer Länge: 16,10 m; Breite: 4,68 m Segelfläche: 126 qm Maschine: Perkins Diesel, 86 PS
Die Catarina ist nicht nur der letzte fahrtüchtige Holz-Ewer der Elbfischerei, sondern vermutlich auch der letzte Fisch-Ewer, der überhaupt gebaut wurde.

Fischer Ewer Catarina

Fischer-Ewer Catarina, (7), (8)

Lotsenschoner No. 5 ELBE

Baujahr: 1883 bei H. C. Stülcken Sohn, Hamburg Schiffstyp/Takelung: Gaffelschoner Länge: 37,00 m; Breite: 6,00 m Segelfläche: 360 qm Maschine: 2 Volvo Common Rail Diesel, 130 PS
Der Gaffelschoner, der noch komplett aus Holz gebaut wurde, hat Lotsen in der Elbe versetzt und sogar Kap Hoorn umrundet.

Lotsenschoner No. 5 ELBE

Lotsenschoner No. 5 ELBE, (9), (10)

Text: Michael Hertel, Fotos: ELBE&FLUT Edition / Hafen von Hamburg im Bild, 1908 (1), Thomas Hampel (2) /
Mit freundlicher Unterstützung der Stiftung Hamburg Maritim / Fotos: Michael Bera (2), Hans Flatau (8), Thomas Hampel (4), Stiftung Hamburg Maritim (1, 3, 5, 7, 9 und 10), Michael Zapf (6)

Traditionsschiffhafen im Sandtorhafen
Hafenmeisterbüro, Ponton 5 A
www.sandtorhafen.de
www.stiftung-hamburg-maritim.de

Quartier 13, März–Mai 2011 , Rubrik:    
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