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Nichts als Jazz

Das Musikfestival Elbjazz läuft zum zweiten Mal in den Hamburger Hafen ein und wird an zwei Tagen im Mai wieder den Swing ins Quartier bringen.
Auch für 2011 verspricht Elbjazz wieder zahlreiche nationale und internationale Jazz-Größen – im letzten Jahr spielte Till Brönner auf dem Blohm+Voss-Werftgelände.

Auch für 2011 verspricht Elbjazz wieder zahlreiche nationale und internationale Jazz-Größen – im letzten Jahr spielte Till Brönner auf dem Blohm+Voss-Werftgelände.

Der Sitzungssaal des Quality Hotels im norwegischen Kongsberg ist professionell ausgestattet. Der Leiter des international bekannten jährlichen Jazzfests in der Stadt an der Ostsee präsentiert mit PowerPoint seine Pläne für das kommende Sommerfestival. Am Tisch sitzt eine Kulturdelegation aus Hamburg mit Tina Heine (38), Mitinitiatorin des Elbjazzfestivals, und Morton Paulsen (49), königlich-norwegischer Generalkonsul in der Hafenstadt. Dann bekommt der Vertreter der norwegischen Verkaufsagentur zur Förderung der Jazzmusik, Øyvind Skjerven Larsen, das Wort. Wohl weltweit einzigartig wird hier Avantgarde, Swing, Modern oder Mainstream als norwegische Markenartikel mit Unterstützung des Osloer Außenministeriums vermarktet.

Jazz als Verkaufsschlager. Passend zur norwegischen Patenschaft des diesjährigen Hafengeburtstags wird der nordische Jazz mit dem Quintett Zanussi Five, dem Trompeter Mathias Eick oder dem Gitarristen Stian Westerhuis sowie der 16-köpfigen Bigband Ensemble Denada unter Helge Sunde vertreten sein. Auf insgesamt zehn Bühnen an teilweise exotischen hafennahen Spielorten wie dem Design-Klassiker SPIEGEL-Kantine oder Hafenmuseum sind am 27. und 28. Mai rund 40 Konzerte geplant. Zugesagt haben aus der internationalen Jazz-Elite schon der Bassist Charlie Haden mit seinem Quartet West, die deutsche Saxophon-Legende Klaus Doldinger mit Passport, Posaunist Nils Landgren mit Funk Unit und die portugiesische Jazzsängerin Maria João mit Pianist Mário Laginha. Hinzu kommen zwei Dutzend teilweise unbekanntere Bands, unter denen, so Mitveranstalterin Nina Sauer (43), „echte Überraschungen“ sein sollen.
„Wir haben gute Erfahrungen mit den Jazzern gemacht“, sagt Blohm+Voss-Manager Dominik Lucius. Dieses Jahr wird sogar eine ganze Montagehalle in unmittelbarer Nachbarschaft zu den supergeheimen Mega-Yachten und Militär-Korvetten genutzt, um ein Multimedia-Spektakel mit historischen Hafenfilmen zur Musik der NDR-Bigband unter Arrangeur Colin Towns zu präsentieren.

Die Initiatorinnen bei der Pressekonferenz des Festivals 2010: Tina Heine  (2. von rechts) und Nina Sauer (ganz rechts)

Die Initiatorinnen bei der Pressekonferenz des Festivals 2010: Tina Heine (2. von rechts) und Nina Sauer (ganz rechts)

Hamburger Volksbank-Prokurist Rolf Klinner, selbst Amateurmusiker, konnte auch wieder seine Chef-Etage vom Elbjazz überzeugen. Vorstand Reiner Brüggestrat eröffnete bereits 2010 in Jeans und bombonfarbenem Pullover ein Konzert mit dem norwegischen iBook-Pianisten Bugge Wesseltoft in St. Katharinen. „Wir wollen mit der Kulturförderung regionale Verantwortung zeigen“, sagte der Banker, „und etwas von unserem geschäftlichen Erfolg voller Freude weitergeben.“ Glückliche Fügung, dass auch Audi-Nord-Gesamtvertriebsleiter Dietmar K. Elsasser selbst ein großer Jazzfan ist.
Der Autokonzern hilft nicht nur mit Karossen, sondern auch mit Kasse als Hauptsponsor. Die ersten Erfahrungen mit Jazzveranstaltungen sammelte Initiatorin und Organistin Tina Heine als Jazzclub-Betreiberin in Celle und später als Gastronomin des Café-Restaurants Hadley’s in Hamburg.
Ihr Lebensgefährte Claus Friede (49), ein erfahrener Kunst-Kurator, unterstützte sie bei der Umsetzung der auf einer Party geborenen Festival-Idee. Frühzeitig schufen sie ein Netzwerk von Jazz-Profis. Sowohl die damalige Hamburger Kultursenatorin Karin von Welck als auch die Hamburgische Kulturstiftung und die Konzertveranstalter Karsten Jahnke und Folkert Koopmans (Sauer: „Unsere Mentoren“) konnten gewonnen werden. Und wichtiger noch: Der Jazz ist in der Kulturpolitik der Hansestadt angekommen, wie in der Drucksache 19/5141 („Situation der Jazzmusik“) des Ausschusses Kultur- und Kreativwirtschaft und anderen Medien nachzulesen ist. Zwar „habe der Jazz nur einen Anteil von 1,7 Prozent des Musikmarkts“, konstatiert eine große Anfrage der SPD in der Bürgerschaft, die „kleine aber feine Musiksparte“ gehöre jedoch nach Meinung der Abgeordneten „unbedingt zum Profil einer Musikstadt“ hinzu. Auch Dank des Elbjazz-Festivals sei eine „richtige Aufbruchstimmung“ in der Hansestadt zu verzeichnen. Ein „Live-Concert-Account“ der Kulturbehörde wurde immerhin auf 150.000 Euro jährlich aufgestockt. Die Hochschule für Musik und Theater stellt als „Studentenprojekt“ eine umfassende Künstlerbetreuung sicher und will ein weitgehend „grünes Festival“ realisieren. Schon im vergangenen Jahr verhielten sich die Jazzer auf dem Blohm+Voss-Gelände so recyclinggerecht, dass die Macher wissen: „Die 3.000 Euro für die Stadtreinigung können wir uns sparen.“

www.elbjazz.de
Text: Sebastian Knauer, Fotos: Thomas Hampel
Quartier 13, März–Mai 2011 , Rubrik:    
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