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Uni-Viertel

Das Architektenbüro Störmer Murphy and Partners hat für ECE Projektmanagement ein markantes Gebäudeensemble am Magdeburger Hafen entworfen.

So könnte das IQ ab 2014 aussehen: Ein Komplex aus drei Gebäuden mit offenen, unverschatteten Plätzen und Zugang zum Wasser.

Stadtplanung nach dem Matroschka-Prinzip: In der HafenCity entsteht ein Quartier im Quartier im Quartier. Das Elbtorquartier erhält, als Teil des Wissensquartiers, ein neues Quartier aus drei Gebäuden: Intelligent Quarters. Westlich der HafenCity Universität plant das Hamburger Immobilienunternehmen ECE ein Mini-Quartier in bester Elblage. Seit seiner Gründung durch den Versandhaus-Vater Werner Otto im Jahr 1965 ist die Einkaufs-Center-Entwicklungsgesellschaft ECE vor allem durch das bekannt geworden, was sie zu ihrem Namen gemacht hat: Fast alle bedeutenden Shoppingmalls in der Hansestadt werden heute von ECE gemanagt, vom Hanseviertel zur Europa Passage, vom Elbe-Einkaufszentrum bis zum Harburger Phoenix-Center. Am Magdeburger Hafen sollen aber keine weiteren geschlossenen Konsumareale entstehen, sondern Wohnraum, Büroflächen, Gastronomie und Geschäfte, vielleicht auch ein Hotel, alles in unmittelbarer Nachbarschaft zur Universität, zum Designzentrum und zu der Deutschlandzentrale von Greenpeace, einen Steinwurf entfernt vom SPIEGEL und in Sichtweite des Baufeldes, das immer noch für das Science Center vorgesehen ist.

Im Frühjahr 2011 wurden daher sieben Architektenbüros zu einem Wettbewerb geladen, darunter die Dänen Dissing + Weitling und Bjarke Ingels, aus Hamburg unter anderem Bothe Richter Teherani und Störmer Murphy and Partners. Vorgesehen war ein IQ aus Stein mit etwa 30.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche. „Dabei handelt es sich“, hieß es in der Ausschreibung, „um einen Büroturm, ein Gebäude für die Kühne Logistics University (KLU) und ein Wohngebäude.“
Die KLU war im Vorjahr als private Hochschule der Kühne-Stiftung für Logistik und Unternehmensführung gegründet worden und wird seither von Wolfgang Peiner geleitet, zwischen 2001 und 2006 Hamburger Finanzsenator und seit seiner Ausbildung aufs Engste mit Klaus-Michael Kühne und Kühne + Nagel verbunden. Im Zusammenwirken mit ECE wollte die junge Hochschule am Magdeburger Hafen 8.000 Quadratmeter in einem eigenen Haus beziehen und war aus diesem Grund auch im Preisgericht des
Architektenwettbewerbs vertreten. Dieses vergab den Zuschlag an das Büro von Jan Störmer – in Hamburg und ganz besonders in der HafenCity kein Unbekannter. Unter anderem war sein Büro verantwortlich für die Deutschlandzentrale von Kühne + Nagel am Großen Grasbrook und für das mittlere Baufeld im Mäander des Germanischen Lloyds am Brooktorkai 20, heute Adresse der Kühne Logistics University. Darüber hinaus stammt das Bankhaus Wölbern, eines der ersten Gebäude der HafenCity, aus Störmers Büro, ebenso wie ein erstplatzierter Entwurf zur Bebauung der Ericusspitze für den SPIEGEL, bevor man sich dort in der Nachbearbeitung für den Dänen Henning Larsen entschied.
Das dreiteilige IQ von Störmer Murphy and Partners am Magdeburger Hafen wird von einem 17-stöckigen Bürohaus dominiert, einem 70 Meter hohen weißen Turm, der sich aus leicht versetzten Baukörpern zusammensetzt. Zwischen ihm und den beiden anderen niedrigeren Gebäudekomplexen entstehen zwei offene Plätze, zum Hafenbecken und zur Elbe hin öffentlich zugängliche Terrassen. Alles in allem also ein schönes Ensemble. Mit einem kleinen Haken. Denn kurz bevor es im vergangenen Dezember vorgestellt wurde, ließ die KLU verlauten, sie werde 2013 die Büros des Software-Unternehmens SAP beziehen. SAP hatte nämlich kurze Zeit vorher, kaum weniger überraschend, erklärt, den Standort HafenCity zugunsten neuer Büros in Hamburg-Rotherbaum aufzugeben. Nachdem sich die KLU hinsichtlich der Gründe für ihr Umdenken zunächst in Schweigen hüllte, wurde die Absage an das Intelligente Quartier schließlich damit begründet, dass die Räume von SAP bereits früher zur Verfügung stünden.

Als die Ergebnisse des Architektenwettbewerbs wenig später öffentlich präsentiert wurden, war ein Drittel des IQ also gerade vakant geworden. Bei ECE gab man sich aber unaufgeregt und ließ wissen, es sei kein Drama, die KLU sei „nur ein vergleichsweise kleiner Bestandteil des Projekts“ gewesen. Das Hochhaus werde wie geplant für Büros genutzt, darunter von ECE selbst; nördlich davon sollen etwa 60 Eigentumswohnungen entstehen, im „mittleren bis gehobenen Preissegment“, während für das ursprüngliche KLU-Gebäude ein 200-Zimmer-Hotel denkbar wäre. Der gesamte IQ-Komplex mit einem Investitionsvolumen von etwa 140 Millionen Euro wird nach Kriterien geplant, die sowohl das Nachhaltigkeitszertifikat der HafenCity in Gold erfüllen als auch den Anforderungen der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) genügen. Die Bauarbeiten sollen Ende dieses Jahres aufgenommen werden, die Fertigstellung ist für 2014 geplant.

Text: Nikolai Antoniadis, Visualisierung: Störmer Murphy and Partners
Quartier 17, März–Mai 2012 , Rubrik:    
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