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Schwarz und stark

Seit ihrer Eröffnung vor sechs Jahren hat sich die Kaffeerösterei in der Speicherstadt buchstäblich von einer Schnapsidee zur Hamburger Institution entwickelt.

Jörg Gorzolla, Schichtleiter in der Produktion, füllt Kaffeebohnen ab: Dem Trichter vorgeschaltet ist ein Saugrohr, das alles, was schwerer ist als eine Bohne, aussortiert.

Wenn sich die Klappe des Probat-Kaffeerösters öffnet und die dunkelbraunen, noch hitzedampfenden Bohnen kiloweise in das metallene Kühlsieb prasseln, wallt eine köstlich-aromatische Wolke appetitanregenden Kaffeedufts um die Besucher der Speicherstadt Kaffeerösterei. Dieser Vorgang wiederholt sich etwa alle 30 Minuten, denn der Kaffeedurst der überwiegend auswärtigen Gäste im alten Speicher am Kehrwieder 5 ist kaum zu stillen, und ständig gehen die beliebte „Speicherstadtmischung“ und andere handwerklich produzierte Kaffeespezialitäten auch im angeschlossenen Fabrikladen, abgefüllt in Aromatüten, über den Ladentisch.

Kaffee in den Adern.

Seit ihrer Eröffnung im Jahre 2006 ist die Speicherstadt Kaffeerösterei genauso zu einer Hamburger Institution avanciert wie das benachbarte Miniatur Wunderland. Der Run auf die urigen, von mächtigen genieteten Stahlträgern gestützten und mit zahlreichen historischen Kaffee- und Röstutensilien ausgestatteten Räumlichkeiten war vom Tage der Eröffnung an zu spüren und hat sich seitdem ständig gesteigert, berichten die beiden Initiatoren Andreas Wessel-Ellermann und Thimo Drews. Diese Hamburger Zauberwelt des „Türkentranks“ entführt und verführt die Besucher zu mehr als 30 verschiedenen Bohnensorten, dazu noch zu rund einem Dutzend unterschiedlicher Espresso-Röstungen und Mischungen.
Der Kaffee liegt Wessel-Ellermann im Blut, war doch schon Vater Reiner zeitweilig für das legendäre Hamburger Kaffeeunternehmen Bernhard Rothfos (heute der Neumann Kaffee Gruppe zugehörig) tätig, bevor er sich in Sachen brauner Bohne selbstständig machte. Und auch der Vater von Co-Gesellschafter Thimo Drews hatte einst als Prokurist und Leiter des Musterzimmers auf der Gehaltsliste von Bernhard Rothfos gestanden. Die Zusammenarbeit zwischen beiden Familien in

Das Café der Kaffeerösterei bietet nicht nur Kaffee und Espresso, sondern auch zahlreiche Snacks und Mahlzeiten vom vollständigen Frühstück und belegten Bagels bis zu Salaten, Kuchen und Waffeln

In der Kaffeerösterei gehen täglich, auch sonntags, Produkte aus einem Sortiment von 40 verschiedenen Kaffee- und Espressospezialitäten über den Ladentisch, außerdem hausgemachte Cantuccini, Schokolade, Vorratsdosen, Konfitüre und vieles mehr.

Sachen Kaffee hat also schon generationsübergreifende Tradition. Die weiteren Zutaten zum Erfolgskonzept waren eine Ausbildung zum Kupferschmied (Wessel-Ellermann) beziehungsweise Kaffee-Kaufmann (Drews), die Nase für den noch jungen Trend zum handwerklich produzierten „Spezialitätenkaffee“, schließlich die beginnende Diskussion um die Zukunft der Speicherstadt.

„Weil wir kein Abluftsystem hatten, stellten wir die Maschinen zum Proberösten auf eine Laderampe vors Haus. Und plötzlich wollten ganze Gruppen von Titanic-Besuchern zu uns rein, weil sie dachten, bei uns gäbe es Kaffee ausgeschenkt.“

Mit Liebe zum Detail: Kaffee im hauseigenen Café

Wessel-Ellermann hatte sich schon Mitte der 90er Jahre mit einem Kaffeehandel sowie Reparatur und Vertrieb gebrauchter Röstanlagen in der Speicherstadt eingemietet und bekam das enorme Potenzial des Standortes durch die Titanic-Schau im Jahre 1997 zu spüren: „Weil wir kein Abluftsystem hatten, stellten wir die reparierten Maschinen zum Proberösten einfach auf eine stählerne Laderampe vors Haus. Und plötzlich wollten ganze Gruppen von Titanic-Besuchern zu uns rein, weil sie dachten, bei uns gäbe es Kaffee ausgeschenkt“, erinnert sich der Kaffee-Unternehmer. Schließlich wurde die Idee zur Speicherstadt Kaffeerösterei von den beiden Kaffeeexperten in einer alkoholschwangeren Nacht in der Orkan Bar am Fischmarkt geboren: „Wir wollten eine Rösterei gründen, wie sie sich Klein Fritzchen vorstellt: alle Sinne berührend inklusive Sehen, Riechen und Fühlen.“ Es gelang den beiden Protagonisten sogar trotz langwieriger Planung und Vorbereitung, die Immobilienabteilung der HHLA für diese Idee zu begeistern und über zwei Jahre bei der Stange zu halten.

Speicherstadt Kaffeerösterei
Kehrwieder 5, 20457 Hamburg, Mo–So 10–19 Uhr
Tel. 040 . 31 81 61 61, www.speicherstadt-kaffee.de

Text: Michael Hertel, Fotos: Astrid Hüller, Jonas Wölk
Quartier 20, Dezember 2012–Februar 2013 , Rubrik:    
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