« Zurück zur Übersicht

Soundcheck

Fünf Uhr früh. Im Funkhaus am Meßberg fahren Maren Bockholdt und Andreas Clausen (AC) die Regler hoch. Seit dem 5. August gehört ihre Morningshow „Der Morgen mit Maren & AC“ bei alsterradio 106,8 rock ’n pop wieder zum festen Programmablauf – nach einer einjährigen Pause

Die Gesichter hinter den Stimmen: Die Moderatoren Maren Bockholt und Andreas Clausen

Der erste Eindruck ist ziemlich authentisch für den Geschäftsführer eines Rocksenders: Von Schlips und Kragen ist bei Jörg Reitmann, seit 2012 der erste Mann bei alsterradio, keine Spur zu sehen. Dafür trägt er ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Wacken 2013“. Erst einen Tag zuvor war er noch bei dem Rockfestival gewesen. Wenn er auch später sagen wird, dass sein persönlicher Musikgeschmack keine Rolle bei der Auswahl des Senders spielt – unglücklich scheint er jedenfalls nicht zu sein über die Neuausrichtung, die gerade bei alsterradio 106,8 rock ‘n pop vor sich geht: Rockmusik ist (wieder) die Leitschnur, nach der sich der Sender künftig orientiert.

Maren & AC erneut on air

Wieder? Ja – denn schon im vergangenen Jahr registrierten Stammhörer irritiert eine Profiländerung ihres Lieblingssenders. Um eine homogenere Hörerschaft anzusprechen und vor allem weibliche Hörer hinzuzugewinnen, war die Gewichtung des Programms stärker als zuvor auf Popmusik verlegt worden. Als Privatsender erhält alsterradio nämlich keinen Anteil an den Rundfunkgebühren, sondern finanziert sich zu 100 Prozent über Werbeeinnahmen. Das bedeutet, dass ein Privatsender immer bis zu einem gewissen Grad quotengetrieben ist. In diesem Fall jedoch scheint die Rechnung nicht aufgegangen zu sein: „Viel zu verpoppt“, lautet einer der freundlicheren User-Kommentare in einem einschlägigen Forum zum neuen Programm. Und auch das Ende der beliebten Morningshow mit Maren Bockholdt und Andreas „AC“ Clausen – seit acht Jahren eine Institution für viele Hamburger Hörer – wurde lautstark beklagt. Dem Vernehmen nach waren es Unstimmigkeiten über die neue Programmausrichtung, die schließlich zu der Trennung von Clausen geführt hatten. Den unzufriedenen Hörerstimmen gegenüber blieb man jedenfalls im Funkhaus am Meßberg nicht taub: Von März bis Juni dieses Jahres wurden diverse Marktstudien in Auftrag gegeben, um die Wünsche des Publikums genauer kennenzulernen. Das Ergebnis der Befragung fiel eindeutig aus: „Es gibt ein großes Bedürfnis nach Rock auf dem Hamburger Radiomarkt“, fasst Florian Wittmann, der neue Programmdirektor, zusammen.

Seit 23 Jahren im Geschäft, ist Wittmann bereits ein alter Hase: Er hatte für drei Hamburger Sender gearbeitet, bevor ihn Jörg Reitmann im Januar dieses Jahres für alsterradio gewinnen konnte. Hier ist er jetzt unter anderem für die Marktforschung und die Umsetzung ihrer Ergebnisse verantwortlich.

Live on air: Rick Parfitt (rechts) und Francis Rossi (2. von rechts) im Sommer 2013 bei alsterradio

Back to the roots

Und das sind die Resultate: Seit dem 5. August hat alsterradio nicht nur ein eigenes Soundlogo – auch eine junge, unverbrauchte Station Voice in Gestalt des Schweizer Sprechers Samuel Weiss ist on air gegangen. Der tägliche Programmablauf soll in Zukunft noch deutlicher durch Benchmarks, feste Programmbestandteile zur immer gleichen Sendezeit mit hohem Wiedererkennungswert, gegliedert werden. Und last but not least feiert der Sender das Comeback von Andreas Clausen alias „Dr. Rock“.

Das eingespielte Duo Maren & AC präsentiert nun wieder montags bis freitags von fünf bis zehn Uhr Rocksound, Service wie Wetter und Verkehr sowie halbstündlich Nachrichten. Und auch hier dürfen die Hörer wieder mitreden: Anrufen und seine Meinung sagen, gehört bei „Der Morgen mit Maren & AC“ wie immer zum guten Ton.

Allen Neuerungen zum Trotz gibt es ein Wiederhören mit alten Bekannten: Ab 10 Uhr unterhält Lars Lorenz die Hörer mit Rockklassikern und der CD der Woche. Neue Rubriken in seiner Sendestrecke umfassen aktuelle Veranstaltungstipps, News im XXL-Format und Wissen zum Angeben und Weitersagen.

Jörg Reitmann mit prominenten Gästen: Francis Rossi (links) und Rick Parfitt (rechts) von Status Quo

Das ungleiche Moderatoren-Duo Pascal Schwenker und Alex Schmidt, auch als Arenasprecher der Hamburg Freezers bekannt, begleiten die Hansestadt dann anschließend ab 15 Uhr in den Feierabend. In gewohnt humorigem Ton durchleuchten die beiden Generationskonflikte, telefonieren auch mal mit Gott und lotsen ihre Hörer mit dem alsterradio-Verkehr durch die Rush-Hour.

Am Wochenende stehen dann Sport im Allgemeinen und Fußball im Speziellen auf dem Programm – immer hin ist alsterradio seit vielen Jahren der Radio-Medienpartner des FC St. Pauli.

Es rockt on air und im Netz

Hamburgs einziger Rocksender – so will sich alsterradio zukünftig definieren. Die Nische, die man am Meßberg eigentlich schon einmal erfolgreich besetzt hatte, will man nun wieder weiter ausbauen. Was nicht etwa heißt, dass die Zeit zurückgedreht werden soll: Der Sender bedient sich bereits durchaus erfolgreich auch neuer Medien – mit einer Facebook-Seite, einem Livestream sowie diversen Apps. Das Internet wird am Meßberg nicht als Konkurrenzmedium wahrgenommen, wie Jörg Reitmann betont, sondern als willkommene Ergänzung.

Seit dem 5. August rockt es also wieder deutlicher bei alsterradio – on air wie auch im Netz. Die Hörer werden es zu schätzen wissen!

 

Der Relaunch der Morningshow? „Ja! Ich will das! Ich hab Bock da drauf!“

Allein mit Maren Bockholdt

Maren setzt sich mir gegenüber, schlägt die Beine übereinander und mustert mich von oben bis unten. „Was machen Sie für Sport?“ fragt sie. „Was es auch immer ist, es gibt ziemlich scharfe Oberarme!“ Ich spüre, wie meine Ohren rot werden – und das liegt nicht an den gefühlten 35 Grad hier im Funkhaus. Ich mag sie sofort!

Maren brennt. Sie liebt ihren Job. Und sie mag Menschen. Ist neugierig. Fasziniert von den Geschichten, die das Leben schreibt. Während unseres Gesprächs habe ich das Gefühl, dass wir mehr als nur einmal die Rollen tauschen: Sie forscht mich ebenso aus wie ich sie. Sie gibt mir das Gefühl, zu interessieren. Wohl eine Voraussetzung in ihrem Beruf. Doch sie sieht das ganz anders: „Eine Menge Moderatoren sind fröhliche Autisten“, sagt sie. „Und das sind trotzdem keine schlechten Moderatoren! Die haben nur einfach keinen Bock auf andere Menschen.“

Auf Maren trifft sicherlich nichts weniger zu. Das Klappern ihrer Schritte ist auf dem Gang zu hören, bevor sie das Zimmer betritt. Ihre roten Haare leuchten quer durch das Großraumbüro. Sie ist quirlig, witzig, und im nächsten Augenblick ganz sachlich. Sie flirtet – und dann wieder schaut sie einem so forschend in die Augen, dass man sich fragt, was sie wohl darin sieht. Sie erzählt mir die Anekdote, wie sie auf einer Veranstaltung von einer Hörerin um ein Autogramm gebeten wurde. Sie gab es gerne, fragte aber nach: „Wieso wollen Sie denn ausgerechnet von mir ein Autogramm?“ „Aber Maren,“ war die Antwort, „Du bist doch immerhin morgens die erste Person in meinem Schlafzimmer!“ 

Übrigens: Auch das Grimme-Institut ist auf Maren Bockholdt aufmerksam geworden und hat sie in der Kategorie „Beste Moderatorin“ für den Radiopreis nominiert. Die Verleihung der Auszeichnung, sozusagen der Oscar der Radioszene, ist am 05.09.2013 ab 20:00 Uhr live bei alsterradio 106,8 zu hören – wir drücken die Daumen!

Text: Urs N. Jascht, Fotos: Thomas Hampel

 

Quartier 23, September–November 2013 , Rubrik:    
« Zurück zur Übersicht