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Editorial

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Thomas Hampel

Thomas Hampel

es gibt eine ganze Reihe hochkarätiger Ausflugsziele im Staate Dänemark, die gerade für einen Besucher aus der amphibischen HafenCity erfrischend wirken können. Neben der Hauptstadt selbst zählt dazu schon seit Langem das Museum von Louisiana mit seinem Skulpturenpark an der Ostsee. Etwas weiter nördlich, in Helsingør, ist nun in Sichtweite von Schloss Kronborg und innerhalb eines Trockendocks das dänische maritime Museum auf Kiel gelegt worden. In Kronborg, der alten Zollfestung am Øresund, hat Shakespeare seine Tragödie vom Prinzen Hamlet angesiedelt und ihm die berühmte existenzielle Frage nach dem Sein oder Nichtsein in die Gedanken gewoben. Dieselbe Frage, eher elementar und weniger philosophisch, durchzieht auch die den Naturgewalten ausgelieferte Seefahrtsgeschichte. Ein faszinierender Ort also für das unterirdische Bauwerk des Architekturbüros BIG mit seiner spektakulären Reduktion, bei der ein Teil der Wirklichkeit – wie immer, nur diesmal augenfälliger – unsichtbar bleibt.

Sehr präsent in der HafenCity sind die Bauten des Büros Böge Lindner K2 Architekten. Sie prägen den Stadtteil, auch wenn sich die Urheber selbst eher in Zurückhaltung üben – im Interview erläutern die vier Vordenker ihre Vorstellung vom Bauen. Die wird sich in Kürze auch im Lohsepark wiederfinden, einem Quartier, dass für die Wahrnehmung der HafenCity in der nahen Zukunft eine entscheidende Rolle spielen wird. Hier kommen ebenso ausgiebig diskutierte wie sensible Aspekte zum Tragen, zum Beispiel der Denkmalcharakter des ehemaligen Hannoverschen Bahnhofs, die Integration des sozialen Wohnungsbaus in die behauptete Wohlstandsoase und nicht zuletzt die Bedeutung des programmatisch vermissten Grüns – in diesem Falle des Grünstreifens zwischen dem Brooktor und dem Baakenhafen.

In der Speicherstadt wird an eher straßennahen Problemstellungen gearbeitet. Die Manufaktur Ehinger Kraftrad, die im zweiten Boden von Block E residiert, betont sehr erfolgreich die Werte des letzten Jahrhunderts: Es geht um Hubraum, Image und die Sehnsucht nach Profil. Was braucht der Easy Rider mehr – die Maschinen sind da, jetzt muss nur noch die Infrastruktur in Ordnung gebracht werden. Die fast nagelneue Shanghaiallee ist davon natürlich ausgenommen, hier wird stattdessen die biologische Infrastruktur zum schaurigen Schaustück. Gunther von Hagens plastinierte Körperwelten polarisieren beim Zusehen, da hilft weder eine ethische noch eine ästhetische Vorgabe. Immerhin philosophierte bereits Hamlet angesichts eines Schädels – dem eines Hofnarren.

Viel Vergnügen bei der Lektüre dieser und vieler weiterer Geschichten und einen fröhlichen Frühling im Quartier wünscht Ihnen

Thomas Hampel
Herausgeber

 

Quartier 25, März–Mai 2014 , Rubrik:    
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