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Der Ladenhüter

Hans-Jörg Schmidt-Trenz, der Hauptgeschäftsführer der Handelskammer, spricht über Parkverbote im Überseequartier, Klötzchenbildung in der HafenCity und die Quellen unseres künftigen Wohlstands

Schmidt-Trenz

Hans-Jörg Schmidt-Trenz ist seit 1996 Hauptgeschäftsführer der Handelskammer Hamburg

Herr Professor Schmidt-Trenz, hat der lokale Einzelhandel angesichts des steigenden Onlinehandels eine Zukunft?

Klar ist, dass der Onlinehandel zunehmend Marktanteile gewinnt. Entscheidend wird sein, wie das menschliche Bedürfnis, die Dinge vor dem Kauf anzufassen, Gemeinschaftserlebnisse mit anderen Menschen beim Einkauf zu haben oder die Freizeit fernab vom heimischen Laptop zu verbringen, sich entwickelt. Insofern ist meine Prognose, dass es eine Koexistenz geben wird.

Die stationären Händler sollten eine Multichannel-Strategie entwickeln. Einige machen das schon sehr erfolgreich. In den letzten zwei Jahren hat der Onlinehandel gewaltig an Fahrt aufgenommen; wir stehen vor großen Strukturveränderungen, die herkömmliche Geschäftsmodelle infrage stellen können. Wer nicht sehr schnell agiert, steht unter Umständen vor großen Problemen. Das wirkt sich natürlich auch auf die HafenCity aus. Die sogenannte Flächenproduktivität ist in dem halbfertigen Stadtteil besonders schlecht. Die dortige Handelsstruktur ist noch empfindlicher gegenüber exogenen Einflüssen als die Struktur in der Innenstadt.

Wir nehmen die Gesamtentwicklung sehr ernst. Unsere Veranstaltungen zu E-Commerce und zu anderen Handelsformaten sind sehr stark nachgefragt. Das zeigt uns, wie das Thema die Einzelhändler umtreibt.

Die Verdrängung findet nicht nur durch den digitalen Handel statt. Wie stark wirkt sich der Wettbewerb aus dem Umland auf Hamburg aus?

Man sollte es nicht unter- aber auch nicht überschätzen. Insbesondere die Innenstadt hat ein derartiges Alleinstellungsmerkmal und eine hohe Erlebensqualität, dass sie nicht nur Besucher aus Hamburg und dem Umland, sondern auch weit darüber hinaus – national und sogar international – anzieht. Hier einzukaufen, ist ein Erlebnis. Auch das Flächenvolumen, das wir haben, ermöglicht vielfältige Markenangebote.

Etwas anders gestaltet sich der Wettbewerb für die Bezirks- und Stadtteil-Zentren. Diese haben den Wettbewerb mit dem Hamburger Umland angenommen und sich dabei ganz gut bewährt. Stillstand ist da nicht erlaubt. Aber wir können sagen, dass das Umland Hamburg mehr fürchtet als wir das Umland.

Also findet der Verdrängungswettbewerb innerhalb Hamburgs statt?

Wettbewerb ist immer auf Verdrängung ausgelegt. Im Einzelhandel sehen wir, dass gängige Formate eine Halbwertzeit von fünf Jahren haben, dann muss etwas Neues geschehen. Wer sich im Handel nicht dauernd wandelt, hat ein Problem.

Haben inhabergeführte Geschäfte heutzutage noch eine Chance?

Ich denke schon. Erst recht gilt dies für Inhaber, die gleichzeitig Besitzer ihrer Immobilie sind. Wo das nicht der Fall ist, wird es in den Innenstadtlagen schwierig. Hier werden Mieten ausgerufen werden, die gerade für solche Unternehmen schwer zu erwirtschaften sind.

Wir haben zum Beispiel am Großen Burstah im Nikolai-Quartier eine Lage, die von inhabergeführten Geschäften geprägt ist. Sie sorgen für die Individualität und Unverwechselbarkeit dieser Einkaufslage. Mit dem dortigen BID versuchen wir, diese Qualität auch zu bewahren und weiterzuentwickeln.

Gleichwohl sind die Grundeigentümer in ihren Entscheidungen autonom. Die Metropolen werden in den nächsten Jahren noch attraktiver, und das treibt nicht nur die Wohnungsmieten, wie wir leidvoll wissen, sondern das treibt auch die Ladenmieten. Da kann der Onlinehandel vielleicht ein korrigierendes Element sein, damit die Ladenmieten nicht in den Himmel wachsen. Darauf müssen die Grundeigentümer achten, sonst stehen ihre Erdgeschosslagen leer.

Worauf führt die Handelskammer die Situation der Gewerbetreibenden in der HafenCity zurück?

Aus unserer Sicht fehlt noch die kritische Masse, die der Einzelhandel braucht, um ein erfolgreiches Einkaufsquartier zu sein. Der Konsument, der nicht nur die Architektur und die Wasserbecken bestaunen will, sucht ein breites Angebot an Waren und Dienstleistungen; deswegen braucht ein Einkaufszentrum eine bestimmte Größe. Dieses Angebot ist in der halbfertigen HafenCity noch nicht vorhanden. Das liegt daran, dass das Herz des Stadtteils, das Überseequartier, unvollständig ist. Wir freuen uns deshalb darüber, dass jetzt die Entscheidung getroffen worden ist, die längst überfällig war.

Darüber hinaus müssen attraktive und funktionsfähige Wegebeziehungen in und aus der HafenCity führen. Das Kontorhausviertel könnte zum Beispiel eine Scharnierfunktion zwischen der etablierten Innenstadt und der HafenCity übernehmen. Wir haben schon 2006 eine Studie vorgelegt, in der wir auf das Fleetviertel – vom Rödingsmarkt bis zum Kontorhausviertel – als Bindeglied zwischen der City, wie wir sie heute kennen, und der HafenCity hinweisen. Leider ist in diesem Punkt zu wenig geschehen. Die HafenCity erscheint noch immer wie ein „Solitär“ und nicht wie ein integrierter Bestandteil der Innenstadt. Hier muss stadtplanerisch einiges geschehen.

Ueberseeboulevard

Der Überseeboulevard im nördlichen Überseequartier

Auch wenn das südliche Überseequartier dann in den Wettbewerb mit der Innenstadt tritt?

Diese Debatte haben wir tatsächlich im Zuge der Senatsentscheidung geführt, da das Überseequartier jetzt deutlich größer wird, als ursprünglich geplant war. Immerhin entstehen weitere 80.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche für den Einzelhandel. Aber wir sind uns mit dem Einzelhandel in der Innenstadt darin einig, dass wir dringend auf eine funktionsfähige HafenCity angewiesen sind. Einig sind wir uns auch darin, dass Investitionen des Citymanagements die Steigerung der Besucherfrequenz unterstützen sollen. Die HafenCity trägt erheblich dazu bei, den Anteil der überregionalen Besucher in der Stadt zu steigern. Dieses gilt bei den Kreuzfahrern, aber auch bei der signifikanten Erhöhung der ausländischen Übernachtungsgäste.

Es gibt noch viel zu tun bei der Erweiterung des Überseequartiers. Dazu sind der Einzelhandel, das Citymanagement, die Entscheider bei der Stadt und wir als Handelskammer in einem guten Dialog. Bessere Ausgangsbedingungen könnten wir gar nicht haben. Und wenn wir daraus nichts machen, sind wir nicht zu retten! Natürlich kann man bei so einer Entwicklung wie das Kaninchen vor der Schlange sitzen. Und am Ende wird nicht jeder die Veränderungen überleben. Aber wir haben wesentlich bessere Chancen für einen gelungenen Wandel als manche andere deutsche Stadt.

Warum wurden Ihre Vorschläge zum „Sprung in die HafenCity“ bisher nicht realisiert?

Leider hat das Thema im Bezirk, in der Stadtentwicklungsbehörde und im Rathaus nicht die notwendige Priorität erfahren. Wir haben das thematisiert, und im Zug der Entscheidung zum Überseequartier hat uns der Bürgermeister auch ganz klar die Zusage gegeben, dass er sich dieses Themas annehmen wird. Wir werden ihn daran erinnern.

Zur Zeit geht die Diskussion eher darum, ob die Hochhäuser am Klosterwall nicht doch erhalten bleiben sollen…

Ich bin auf der Seite derer, die einen Abriss befürworten. Es ist eine hervorragende Fläche, um das Entreé der Stadt neu zu gestalten. Ich bin dafür, dass jede erhaltenswerte historische Fassade dieser Stadt geschützt wird; bei diesen Hochhäusern denke ich, dass bei einer Bevölkerungsumfrage sich eine Mehrheit für den Abriss entscheiden und dieser Architektur keine Träne nachweinen würde. Es kommt darauf an, an dieser Stelle etwas Attraktives zu schaffen. Dazu hat es schon einen Wettbewerb gegeben. Es gibt wunderbare Alternativen, die man realisieren könnte.

Inwieweit unterstützt das geplante Weltkulturerbe Speicherstadt den „Sprung in die HafenCity“?

Die Aufnahme in die Liste als Weltkulturerbe wäre eine große Unterstützung. Wir leben von der Architektur unserer Vorväter. Unsere Generation muss sich fragen, was wir an Architektur hervorgebracht haben, an der sich unsere Urenkel noch in hundert Jahren erfreuen.

Um so wichtiger ist da die Szenerie zum Beispiel an der Außenalster sowie die Speicherstadt und das Kontorhausviertel, das die HafenCity der 20er-Jahre des vorherigen Jahrhunderts war. Wenn dieses Quartier international anerkannt wird, gereicht es Hamburg zu hoher Ehre. Speicherstadt und Kontorhausviertel machen die Qualität dieser Verbindung aus. Ich bin der Meinung, dass zu den schönsten Dingen in der HafenCity der Blick auf die Speicherstadt zählt.

Lange herrschte der Eindruck vor, die Handelskammer befürworte in der HafenCity eine „Sonderwirtschaftszone“ mit Sonntagsöffnungen. In der Pressemitteilung zu den Planungen des südlichen Überseequartiers legt Ihr Haus jetzt viel Wert auf gleiche Rahmenbedingungen. Woher der Sinneswandel?

Ich habe in einem früheren Stadium der Diskussion darauf hingewiesen: Solange die HafenCity kein funktionsfähiges Quartier ist, muss man überlegen, wie dort vorübergehend Hilfestellung angeboten werden kann. Schließlich will keiner dort ein „totes“ Gebiet haben. Natürlich bin ich an die Beschlüsse meiner Gremien gebunden, die sich sehr schwer damit tun, unterschiedliche Rahmenbedingungen gelten zu lassen. Und so ist die offizielle Sichtweise der Kammer, dass es diese nicht geben kann.

Die Unterstützung kann auf vielfältige Art erfolgen. Ich kann nicht verstehen, dass dort jeder oberirdische Parkplatz vor den Geschäften „zugepollert“ wird. Dem Autofahrer als Kunde mit der stärksten Kaufkraft wird die kalte Schulter gezeigt. Man treibt die Einzelhändler mit solchen Maßnahmen bewusst in den Ruin. Ich muss es so drastisch ausdrücken. Mir geht es um Interimslösungen, die den Leerstand verhindern, bis die HafenCity durch ein vollständiges Überseequartier funktionsfähig sein kann.

Befürworten Sie bis zur geplanten Fertigstellung 2021 eine Sonntagsöffnung?

Ich habe diesen Aspekt in die Diskussion eingebracht, und wir müssen weiter darüber sprechen, wie lange eine solche Ausnahme gelten soll. Wie wollen wir mit Leerstand an dieser zentralen Achse umgehen? Wenn auch weiterhin keine Sonderbedingungen zugelassen werden, dann muss man vielleicht den Gewerbetreibenden Subventionen zahlen, damit diese ihre Geschäfte geöffnet halten. Oder man nimmt bewusst den offensichtlichen Leerstand in Kauf. Ich weise ja nur auf die möglichen Konsequenzen hin.

Wie zuversichtlich sind sie, dass eine solche Forderung realistisch durchsetzbar ist? Ist es nicht so, dass Sie sich eine weitere Öffnung der Verkaufszeiten für die gesamte Stadt wünschen?

Ja, genau. Es gibt diese speziellen Überlegungen in Bezug auf die HafenCity und dann gibt es das generelle Thema der Öffnungszeiten. Und da sind wir hier in Hamburg sehr bescheiden! Uns geht es nur darum, dass einer der vier verkaufsoffenen Sonntage im Advent stattfinden kann. Das stößt auf den Widerstand der Kirchen, den ich als Reflex auch durchaus verstehen kann. Wenn man sich aber des Strukturwandels im Einzelhandel bewusst ist, frage ich mich, wie lange die Kirche die Augen davor verschließen kann, dass unsere Innenstädte in einem massiven Wettbewerb stehen. Der stationäre Einzelhandel braucht Bedingungen zum Überleben. Darüber sind wir in Gesprächen mit den Kirchen und stoßen bei den Bischöfen und in vielen Kirchengemeinden auf Verständnis; genauso erfahren wir aber auch den erbitterten Widerstand des Kirchenapparats.

Wir sind weit davon entfernt, ständige verkaufsoffene Sonntage zu fordern. Aber wir erheben schon den Anspruch, dass Kirchen und Gewerkschaften sich mit diesem Wunsch konstruktiv auseinandersetzen. Und sich dort bewegen.

Die Speicherstadt bietet ähnlich wie die Elbmeile ein großes Unterhaltungsangebot, das Besucher anlockt. Wie könnten ähnliche Angebote im südlichen Überseequartier geschaffen werden?

Natürlich sind Themen wie Aufenthaltsqualität, Gastronomie und Kleinteiligkeit wichtig für die Attraktivität. Der Holzhafen zum Beispiel hat sich gut entwickelt, weil es dort eine gute Mischung aus gewachsener und neuer Architektur gibt. Ich persönlich bin nicht mit jeder Architektur in der HafenCity einverstanden. Als ich zum ersten Mal den Masterplan sah, das sogenannte Klötzchenmodell, hoffte ich, dass der Stadtteil niemals so aussehen würde. Die Planer beruhigten mich, es sei schließlich nur ein Modell. Und was kam ‘raus: Klötzchen!

Ich halte nicht alles, was in der HafenCity gebaut wurde, für nachhaltig. Und nicht alles, was dort steht, wird diese Generation überdauern. Ich bin sicher, dass wir in 30 Jahren die ersten Abrisse erleben werden. Die Frage ist, ob man sich nicht gleich für eine andere Architektur hätte entscheiden können. Die Entschuldigung, die dafür von den Entscheidern angeführt wird, ist der hohe Verwertungsdruck, der auf dem Stadtteil lastet. Und das ist kein guter Pate für gute Lösungen!

Was empfehlen Sie den Gewerbetreibenden, die schon vor Ort sind, und denen, die sich für den Standort interessieren?

Für Freiberufler, die dort ihr Büro haben, und viele Hamburger Unternehmen bietet die HafenCity eine hervorragende Adresse. Der Einzelhandel braucht aber einen längeren Atem. Und Interessierte müssen wissen, dass sie nicht auf Frequenzen wie in der Hamburger Innenstadt treffen.

Das wird auch auf lange Sicht nicht so sein. Und daran muss gerade das Geschäftsmodell des Einzelhandels angepasst sein. Wer sich darüber Illusionen macht, hat ein Problem. Wer sich aber darauf einstellt und dafür – sei es durch seine Produkte, seine Vertriebsform oder durch seine Eigenkapitaldecke – gerüstet ist, wird dort erfolgreich arbeiten können. Und dann ist es eine gute Investition in einen Standort, dessen Qualität von Jahr zu Jahr zunehmen wird.

Sind Sie mit Ihren Ideen und Vorschlägen auch mit der HafenCity Hamburg GmbH im Gespräch?

Ja. Es gibt einen Beirat, dessen Vorsitz durch die Handelskammer wahrgenommen wird. Wir haben nicht immer das Gefühl, dass unser Rat in jedem Fall honoriert wird. Verstehen Sie das nicht als Kritik! Die HafenCity wird sehr professionell entwickelt. Wir bemerken aber auch, dass die HafenCity Hamburg GmbH in gewissem Umfang als „Closed Shop“ arbeitet. Man weiß nicht immer, was dort gerade die entscheidenden Themen sind. Wir würden uns freuen, wenn einige der Aspekte, über die wir geredet haben, stärker Berücksichtigung fänden.

Worin bestehen aus Ihrer Sicht die Barrieren?

Die HafenCity Hamburg GmbH als Projektentwickler tut alles, was ihr im gegebenen Rahmen möglich ist. Allerdings sind die Rahmenbedingungen dafür, wie ich schon erwähnte, von einem hohen Verwertungsdruck geprägt. Und das könnte der Grund sein, warum nicht jeder Rat angenommen wird, der von der Handelskammer kommt.

Wie begründen Sie das Interesse der Handelskammer an einer Olympiabewerbung Hamburgs?

Seit 2001 treiben wir die Bewerbung Hamburgs massiv voran. Wir erhoffen uns große Erfolge für die Stadt und dies nicht nur aus sportlicher Sicht. Dabei geht es um die städtebauliche und wirtschaftliche Entwicklung der Stadt.

Als Austragungsort der Olympischen Spiele stiege Hamburg in eine neue Liga der Weltstädte auf. Sowohl Unternehmen als auch der Bund würden in Hamburg massiv in den Ausbau der Infrastruktur investieren. Investitionen, die nur Olympische Spiele auslösen können und die wir dringend brauchen, denn sie sind die Quellen unseres künftigen Wohlstands.

„Dem Autofahrer als Kunde mit der stärksten Kaufkraft
wird die kalte Schulter gezeigt“

Was sagen Sie Kritikern, die aus der Erfahrung mit anderen Großprojekten befürchten, dass die Kosten mögliche Gewinne übersteigen könnten?

Angst ist menschlich, aber kein guter Ratgeber für die Zukunftsbewältigung. Olympische Spiele in Hamburg werden sich der Stadt anpassen und nicht umgekehrt.

Nachhaltigkeit und die kurzen Wege, die Hamburg bietet, entsprechen der Trendwende, die das IOC glücklicherweise eingeleitet hat. Angesagt ist der Abschied von der Gigantomanie hin zur Stadtverträglichkeit. Ich glaube, dass die vorhandenen Befürchtungen beherrschbar sind. Den Kritikern muss man eine Gegenfrage stellen: Wie wollen wir unseren Wohlstand erhalten? Was veranlasst Unternehmer, in diese Stadt zu investieren? Es kommt darauf an, diese Stadt als attraktiven Lebens-, Arbeits- und Wirtschaftsraum darzustellen. Viele Investitionsentscheidungen werden nicht in Hamburg und noch nicht mal in Deutschland getroffen, sondern in New York, in London oder in Peking. Wir müssen auf die Landkarte kommen, und eine Investition dieser Größe wird uns in die Zukunft führen.

Hat Hamburg die Kraft, das alles zu finanzieren? Und wird Olympia den Trend zur „Eventisierung“ vorantreiben?

Wenn die zweitgrößte Stadt Deutschlands, der viertstärksten Volkswirtschaft der Welt, die Finanzkraft nicht hat, wer dann? Vorrangig geht es hier um Investitionen von privaten Unternehmen, die wir dazu bringen wollen, ihr Geld hier anzulegen. Die Spiele werden nur drei Wochen dauern. Aber der Weg dahin und was dann bleibt, das wird uns in der Welt bekannter machen. Das ist der bleibende Wert, und das entscheidet über das Schicksal der Stadt.

Vor 20 Jahren war die Schicksalsfrage Hamburgs der Hafen? Gilt das nicht mehr?

Natürlich wird der Hafen weiterhin überragende Bedeutung haben. Wie sicher ist es, dauerhaft auf einem Bein zu stehen? In einer komplexer werdenden Welt müssen wir diversifizieren und weitere Eisen ins Feuer legen. So plädiert die Handelskammer für den Ausbau des Standortes für exzellente Forschung und Wissenschaft, um neben dem Hafen ein weiteres Standbein zu haben.

Angesichts der Planungen Hamburgs für die südlichen, östlichen und westlichen Stadtteile: Wo sehen Sie die HafenCity im Jahr 2030? Wird Hamburg dann woanders spannend sein?

Die kommenden 15 Jahre werden weiterhin der HafenCity gehören. Besonders spannend wird die Entwicklung an den Elbbrücken, wo in die Höhe gebaut wird. Ich hoffe, dass hier am Ende keine fantasielosen Wolkenkratzer entstehen. Als Orientierung sollte der internationale Maßstab gelten. Allein durch die Lage am Wasser wird der Stadtteil immer ein Anziehungspunkt sein.

Hamburg hat aber viele hervorragende Lagen, und das steht einer Stadt unserer Größenordnung auch gut an. Diese Stadt wird immer in Bewegung bleiben.

Herr Professor Schmidt-Trenz, wir danken Ihnen für das Gespräch.

 

Interview: Conceição Feist, Fotos: Thomas Hampel
Quartier 29, März–Mai 2015 , Rubrik:    
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