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Bitte ein BID

Das neue BID Nikolai-Quartier könnte den Brückenschlag aus der Innenstadt über die Willy-Brandt-Straße einleiten, den das Katharinenviertel, die Speicherstadt und die HafenCity seit Jahren herbeisehnen
Nikolai Quartier

Die blaue Brücke, seinerzeit eine Auflage des Denkmalschutzes an die kolossale Landeszentralbank auf der anderen Straßenseite, hat sich nicht bewährt; sie sollte Besucherströme aus der Innenstadt in die historische Deichstraße führen

Es ist sicherlich nicht alltäglich, dass der erste Spatenstich getan wird, wenn das Projekt bereits in vollem Gange ist. Aber darüber wurde im vergangenen März großzügig hinweggesehen, als sich Bausenatorin Jutta Blankau und Vertreter des Bezirks, der Handelskammer und Projektentwickler vor der Patriotischen Gesellschaft einfanden, um offiziell den Startschuss für das BID Nikolai-Quartier zu geben. Nach langen Vorbereitungen wollte man noch einmal ein Ausrufezeichen hinter das große Werk setzen.

Im Schatten von St. Nikolai liegt ein Scharnier zum Katharinenviertel,
das seit Jahren klemmt

Die Senatorin hat bereits im Vorjahr betont, dass dieses Quartier „zur attraktiven Verbindung zwischen Innenstadt und HafenCity“ werde. Das ist natürlich nicht der einzige Zweck des BIDs, greift aber eine Frage auf, die seit Langem unbeantwortet ist: Wie werden City und HafenCity verbunden? Und wo? Seit Jahren wird beraten, wie man Alt- und Neustadt über die Willy-Brandt-Straße hinweg mit der HafenCity verzahnen und gleichzeitig aufwerten könnte.

BID Nikolai Quartier

Vom Alten Wall bis zum Hopfenmarkt: Die Maßnahmen des BIDs reichen von der Verbreiterung der Gehwege bis zum Abriss und Neubau ganzer Häuserzeilen

Was die Aufwertung angeht, so hat sich in der jüngeren Vergangenheit ein Instrument besonders bewährt: der Business Improvement District, kurz: BID, in dem sich Grundeigentümer und Gewerbetreibende auf Maßnahmen einigen, die die Standortqualität verbessern. Das Spektrum ist groß: Es reicht von der Errichtung neuer Sitzbänke oder der Installation von Weihnachtsbeleuchtung bis zu einem Parkraummanagement oder gar dem Bau von Tiefgaragen. Vorreiter war 2005 das BID am Neuen Wall, der auch optisch wieder die Top-Adresse für Edelboutiquen und exklusiven Einzelhandel werden sollte, die es einst war. Das Beispiel macht Schule. Allein in der Innenstadt gibt es inzwischen sieben BIDs in verschiedenen Stadien. Vom „Opernboulevard“ (der Dammtorstraße) über das Passagenviertel, Hohe Bleichen, Gänsemarkt und Mönckebergstraße bis zum Nikolai-Quartier.

Letzteres, das mit dem üblichen Label als zusammenhängendes „Quartier“ behandelt wird, umfasst vom Alten Wall bis zum Hopfenmarkt insgesamt elf Straßenzüge und 60 Grundstücke, deren Eigentümer bis 2019 mehr als 9 Millionen Euro investieren wollen – das größte BID in Deutschland. Ein Schwerpunkt: die innerstädtischen Plätze, die so schön sein könnten, wären sie nicht zu Parkplätzen verkommen wie am Hopfenmarkt oder am Adolphsplatz.

Mehrere große Bauvorhaben sind bereits auf den Weg gebracht worden, als Pionier das Nikolaikontor von nps tchoban voss an der Willy-Brandt-Straße, am westlichen Zipfel des Hopfenmarkts, das 2010 seine Türen öffnete. Am Alten Wall baut Art Invest Real Estate hinter den denkmalgeschützten Fassaden der ehemaligen HypoVereinsbank Einzelhandelsflächen und Büros; davor stellt man sich einen „Einkaufsboulevard“ vor, eine Fußgängerzone, die entstehen kann, weil 220 Parkplätze in eine Tiefgarage verlegt werden. Ein paar Hundert Meter weiter, am Großen Burstah, ist der Bau der Burstah Offices und der Burstah Lofts abgeschlossen, während das gegenüberliegende Gelände des ehemaligen Allianz-Gebäudes ganz neu entwickelt wird: Hier wird ein Gebäudekomplex mit Büros, Einzelhandel, Gastronomie und Wohnungen entstehen, für den die Investoren Quantum und IVG rund 250 Millionen Euro in die Hand nehmen. Das Allianz-Hochhaus selbst – ein Zeitzeugnis, ja, aber kein schönes – wird abgerissen. Dadurch wird auch der historische Straßengrundriss wieder hergestellt, denn es hatte seinerzeit die Bohnenstraße überbaut, die nun wieder freigelegt wird. Und schließlich haben auch am Hopfenmarkt erste Projekte Fahrt aufgenommen.

Dort, im Schatten der Nikolaikirche, befindet sich ein Scharnier zum Katharinenviertel und zur Speicherstadt, das seit Jahren klemmt. Die blaue Brücke, seinerzeit eine Auflage des Denkmalschutzes an die kolossale Landeszentralbank auf der anderen Straßenseite, hat sich nicht bewährt; sie sollte Besucherströme aus der Innenstadt in die historische Deichstraße führen.

Der Hopfenmarkt und das Mahnmal St. Nikolai gehören zwar nicht zum BID, aber es gibt natürlich Schnittmengen. Wenn die richtig genutzt werden, könnte hier ein Scharnier geschmiert und so eine Tür nach Süden geöffnet werden.

Text: Nikolai Antoniadis; Fotos: Thomas Hampel
Quartier 30, Juni–August 2015 , Rubrik:    
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