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Editorial

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Thomas Hampel

seit Anfang Juli ist das Quartier um eine große Auszeichnung reicher, die Auswirkungen vom Autobahnschild bis zur internationalen Wahrnehmung haben wird. Die Speicherstadt und das Kontorhausviertel wurden in die UNESCO-Liste des kulturellen Erbes der Menschheit eingetragen – neben den alten Stadtrepubliken Lübeck, Bremen, Florenz oder Amsterdam hat nun auch Hamburg sein Welterbe. Und natürlich ist es das architektonische Erbe von weitblickenden Kaufleuten und gewieften Händlern, die mit und in aller Welt Geschäfte machten, das trotz Zerstörung und jahrzehntelanger Freude am Abriss auf uns gekommen ist.

Das bedeutet nicht nur mehr Bekanntheit und Tourismus, sondern auch mehr Verantwortung für das, was noch steht. Denn es ist ein fragmentarisches Bild, das uns inzwischen selbstverständlich geworden ist. Bis 1967, als er für den nun auch schon wieder historischen SPIEGEL-Neubau abgerissen wurde, stand mit dem Dovenhof Hamburgs erstes Kontorhaus völlig unversehrt an der Brandstwiete. Genauso verschwunden sind die Blöcke A, B, C und J der Speicherstadt, die im Bombenkrieg vollständig zerstört und von Werner Kallmorgen, dem Architekten sowohl des SPIEGEL-Hochhauses als auch des Wiederaufbaus der Speicherstadt, nicht rekonstruiert wurden.

Zu den Großereignissen der Zukunft könnten, wenn alle mitspielen, die Olympischen Spiele mit der HafenCity am Spielfeldrand gehören. Das südliche Überseequartier und das Quartier am Baakenhafen würden als Sprungbrett für einen eleganten Satz über die Elbe dienen und von der direkten Nachbarschaft des Weltsportereignisses erst einmal in den Schatten gestellt. Das sorgt schon jetzt in beiden Teilen des Grasbrooks für neue Ideen und alte Befürchtungen.

Einer der großen Unbekannten der Industriefotografie ist Gustav Werbeck. In den 30er Jahren schuf er für die HHLA neben der Tätigkeit als Grafiker mit seiner Großformatkamera außerordentlich eindrucksvolle Bilder von Schiffen, Kais und Menschen. In Zeiten effizienten Containerumschlags sind seine Bilder ein Schatz: Sie zeigen den Hafen noch ganz unverTEUt, aber voller Frachter und Geschichten. Eine große Idee verfolgt auch Kevin Fehling: Bei ihm wird gegessen, was auf den Tisch kommt – und zwar den einzigen Tisch seines Restaurants. Auch ein mittlerweile arriviertes Festival verdankt seine Entstehung der großartigen Idee, den Hafen mit der Literatur jenseits von Traven und Conrad bekannt zu machen.

Viel Vergnügen bei der Lektüre dieser und anderer Geschichten, interessante Informationen und einen herrlichen Herbst im Quartier wünscht Ihnen

Thomas Hampel
Herausgeber

Quartier 31, September–November 2015 , Rubrik:    
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