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Gesagt, getan

Stark im Vernetzen, schwach im Selbstloben. Der Hamburger Hafen will international lauter auftreten


Burchardkai

Das erste und immer noch größte Containerterminal im Hamburger Hafen: der Burchardkai

Egloff Mattern

Ingo Egloff und Axel Mattern erklären, wofür der Verein Hafen Hamburg Marketing steht, welchen Herausforderungen sich der Hafen stellen muss und warum er auch in Zukunft attraktiv bleibt

Der Hafen Hamburg Marketing e. V. (HHM) ist im Jahr 2001 aus der Hafen Hamburg Verkaufsförderung und Werbung (HHVW) hervorgegangen. War Ihnen der vorherige Name zu sperrig?

Mattern: (lacht.) Ja, der Name war wirklich nicht sehr attraktiv! Aber auch die Funktion des Vereins hat sich grundlegend geändert. Die Vorgängerinstitution war in erster Linie eine Vertriebshilfe für die Terminals. Reine Tonnenjäger, sozusagen. Vor rund 20 Jahren wurde dann erkannt, dass die Terminals ihre Kunden eigenständig akquirieren müssen und dass ein Verein in der Aufstellung des HHM im Prinzip wettbewerbsneutral arbeiten muss.

Für wen arbeitet der Verein heute?

Egloff: Wir arbeiten eng mit unserem öffentlichen Partner, der Hamburg Port Authority, zusammen und vertreten die Interessen der Mitgliedsunternehmen, die heute aus unterschiedlichen Branchen aus der ganzen Welt stammen. Unser gemeinsames Interesse ist die erfolgreiche Vermarktung des Standorts. Dabei verstehen wir uns als Schnittstelle zwischen den Mitgliedsunternehmen und der HPA, die den Hafen managt, und als Netzwerkorganisation mit heute rund 30.000 weltweiten Kontakten.

Die Zusammenarbeit geht also über rein hafenbezogene Unternehmen hinaus?

Mattern: Wir haben heute Mitgliedsunternehmen aus der gesamten Hafenwirtschaft und aus völlig anderen Branchen. Sie alle nutzen unsere gemeinsame Plattform und das Netzwerk rund um den Hafen Hamburg, der dabei unser wesentliches Tool bleibt – sozusagen unser Anker. Aber wir schauen inzwischen weit über den Tellerrand hinaus. Wir haben uns anderen Branchen, Marktteilnehmern und geografischen Regionen geöffnet.

Von der Öffnung und Erschließung neuer Märkte konnte der Hamburger Hafen seit den 1990er Jahren besonders stark profitieren. Wie wirkt sich der globale Wettbewerb heute auf Ihre Tätigkeit aus?

Ingo Egloff

Ingo Egloff (CEO), der Mann für die Lobbyarbeit: Ingo Egloff war rund zehn Jahre Bürgerschaftsabgeordneter und vertritt heute den Hamburger Hafen gegenüber politischen und gesellschaftlichen Institutionen. Wenn er klopft, öffnen sich die richtigen Türen in Berlin und andernorts

Egloff: Wir sorgen für eine positive Wahrnehmung des Hamburger Hafens, und das erfreulicherweise mit Erfolg. Hamburg genießt weltweit einen sehr guten Ruf – von Finnland bis nach China. Das liegt auch an unseren Aktivitäten bei den internationalen Partnern vor Ort. Wir haben allein in Asien vier Außenrepräsentanzen. In Europa sind wir in St. Petersburg, Budapest, Warschau, Wien und Prag vertreten. Hier in Deutschland unterhalten wir eigene Büros in München, Dresden, Dortmund, Berlin – und natürlich in Hamburg.

Mattern: Unsere internationalen Repräsentanzen bieten unseren Mitgliedern einen echten Mehrwert, weil sie über unsere Büros in den jeweiligen Märkten agieren können. Jedes dieser Büros ist mit mindestens zwei Vollzeitkräften ausgestattet. Es gibt also feste Ansprechpartner, und es steckt Substanz dahinter. Durch unsere Präsenz und unsere Kontakte können wir für einzelne Unternehmen ganze Vertriebskonzepte in den jeweiligen Märkten ausarbeiten und unmittelbar den Kontakt zu ihren Partnern vor Ort aufnehmen.

Und was macht die Attraktivität des Standorts Hamburg für die internationalen Partner aus? In der Presse werden in jüngster Zeit besonders wieder die Containerumschlagzahlen als wesentliches Merkmal hervorgehoben. Neben den Superlativen – was macht die Größe eines Hafens aus?

Mattern: Das ist ganz einfach zu beantworten: Es ist die Erreichbarkeit. Die aktuell stagnierenden Umschlagzahlen betreffen ohnehin vornehmlich die leeren und die Feeder-Container, die originär gar nicht nach Hamburg wollen. Die könnten ebenso gut in Antwerpen oder Rotterdam umgeladen werden, sie bringen Hamburg kaum Wertschöpfung. Für uns ist der steigende Anteil an Hinterland-Containern wichtig, denn die wollen tatsächlich hierher! An dieser Stelle kommt natürlich die Attraktivität des Hafens durch die hervorragende Anbindung und die Weitertransportmöglichkeiten ins Spiel.

Ein Blick in die Presse zeigt allerdings: Das Thema „gute Verbindungen“ ist auch sehr krisenanfällig.

Egloff: Das Problem hierbei ist weniger die Presse. Das eigentliche Problem sind die Mitbewerber, die schwierige Situationen gern ausnutzen, um schlecht über uns zu reden. Etwa im vergangenen Jahr, als es im Hafen zu massiven Schiffsverspätungen kam und die Asphaltierungsarbeiten beim Elbtunnel zu starken Staus führten – das war kommunikativ eine gewaltige Herausforderung. Da fragten uns nämlich auf den über 100 Veranstaltungen, die wir jedes Jahr international ausrichten, die Logistikunternehmen und internationalen Partner: „Was ist denn da bei euch los? Müssen wir jetzt über Rotterdam gehen?“ Wir haben denen dann detailliert erklärt, was die Stadt alles unternimmt, um die Situation zu bereinigen. In solchen Krisensituationen stehen wir ständig mit der HPA in Kontakt, die sehr pragmatisch, schnell und lösungsorientiert arbeitet.

Mattern: Kommunikation ist mitunter eine harte Disziplin. Deshalb haben wir uns auch im vergangenen Jahr hingesetzt und überlegt, wie wir noch offensiver im Markt kommunizieren können. Wir haben dann aufgelistet, welche Maßnahmen der Hafen Hamburg in den letzten fünf Jahren ergriffen hat. Aus diesem Input ist mittlerweile eine Broschüre entstanden, die immer dicker wird. So etwas hat in Hamburg in dieser Form noch keiner gemacht. Was sich zeigt, sind zahlreiche und effiziente Maßnahmen zur Stärkung des Standorts: Hamburg hat zum Beispiel in kürzester Zeit viele Straßen und Terminals ausgebaut, die Hafenbahn als Bindeglied zwischen den Umschlagterminals der Containerschiffe und dem europäischen Schienennetz mit einem Investitionsvolumen von 300 Millionen völlig erneuert und mit der Umsetzung des smartPORT-Konzepts begonnen.

Werden denn Investitionen in nachhaltige Konzepte wie den smartPORT zukünftig Wettbewerbsmerkmale erzeugen und zur weiteren strategischen Stärkung des Hafens beitragen?

Axel Mattern

Axel Mattern (CEO), Der Netzwerker und Asien-Kenner: Axel Mattern betreut Kunden, Mitglieder und Projekte in den Kernmärkten, allem voran im wichtigsten Quellmarkt Asien. Mit dem Ausbau des weltweiten Netzwerks stärkt er die Wett-bewerbsposition des Hafens

Mattern: Definitiv. Hamburg ist hier sehr gut aufgestellt. Man muss allerdings bei den Investitionen in nachhaltige Lösungen das Gesamtpaket sehen. Da wird sehr viel von der HPA im Verbund mit den Unternehmen unternommen. Was wir aufgrund unseres Einblicks an Entwicklungen an anderen Standorten sagen können: Der Hamburg Hafen bietet in Zusammenarbeit mit den Unternehmen im internationalen Vergleich bei der Entwicklung nachhaltiger Konzepte einen Showcase, der einmalig ist. Die smartPORT-Aktivitäten wie smartPORT-Energy und smartPORT-Logistics, die die HPA angeschoben hat und die seit einiger Zeit sukzessive mit großen Investitionen umgesetzt werden, haben weltweit eine Vorreiterfunktion für andere Häfen und Städte. Mir jedenfalls ist kein vergleichbares Konzept bekannt. Vor allem bei der sinnvollen Vernetzung aller Akteure ist Hamburg vorbildlich.

Beißt sich Ihr Kommunikationsauftrag und die eher offensive Philosophie des „Tue Gutes und rede darüber“ bisweilen mit dem traditionellen Understatement der Hansestadt?

Egloff: Leider, ja! Hamburg war immer sehr zurückhaltend in der Außendarstellung. In anderen Städten werden schon kleine Erfolge viel lauter gefeiert. Das ist einfach eine Mentalitätsfrage. Was man feststellen muss – das hanseatische Understatement in allen Ehren: Im heutigen Wettbewerb funktioniert das so nicht mehr. In Rotterdam schreit man schon laut, wenn ein Konzept fertig ist, auch wenn davon noch nicht eine einzige Maßnahme umgesetzt wurde. Hamburg setzt erst einmal um und macht dann vielleicht einen Sekt auf. Wir tun sehr viel Gutes, müssen aber lernen, auch noch darüber in der angemessenen Lautstärke zu reden.

Aber der Hafen ist ja viel mehr als Umschlagzahlen und Warengüterverkehr.

Mattern: Allerdings! Zum Hafen gehören nach unserem Verständnis die Gebäude, die Hafenanrainer, natürlich auch die HafenCity und die Speicherstadt, die als Weltkulturerbe dem Standort einen besonderen Glanz verleiht. Zu den Standortvorteilen gehört auch die Nähe zur Stadt mit all den damit verbundenen Vorzügen, die nicht nur Touristen, sondern auch Menschen in großen Logistikunternehmen interessieren. Diese Vorteile präsentieren wir mit Stolz. Die attraktiven Soft-Facts des Hamburger Hafens nutzten uns bei unserem Storytelling. Auch in unseren Publikationen wird schnell deutlich, dass wir nicht nur den Warengüterverkehr behandeln. Es kann für viele Unternehmen und Akteure in der unmittelbaren Nachbarschaft sehr interessant sein, einmal bei uns reinzuschauen oder auch Mitglied zu werden.

Interview: Sven Grönwoldt, Fotos: Thomas Hampel
Quartier 31, September–November 2015 , Rubrik:    
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