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Kaffee, Kannen und Kuriositäten

Die Speicherstadt hat endlich ihr eigenes Kaffeemuseum – dank eines Hamburger Teekaufmanns

Nun hat sich der Traum von Jens Burg doch noch erfüllt: Der schon legendäre Kaffeekaufmann und Röster vom Eppendorfer Weg wollte seine einmalige Sammlung rund um das traditionsreiche Heißgetränk immer dort präsentieren, wo sie in Hamburg hingehört: in der Speicherstadt. Das gelang jetzt freilich erst durch den Verkauf seines gesamten Schatzes ausgerechnet an einen Teekaufmann. Seit 12. November nun wird die umfangreiche Sammlung Burg im neuen Kaffeemuseum am St. Annenufer 2 endlich einer breiten Öffentlichkeit präsentiert – eine weitere Attraktion für Speicher- und Hansestadt.

Kaffeemuseum
 

Die Kaffeerösterei Burg existiert seit 1923 in Eppendorf. Jens Burg übernahm 1960 Rösterei und Ladengeschäft von seinem Vater Erich und begann alles zu sammeln, was mit dem Lieblingsgetränk der Deutschen in Zusammenhang stand, vom Kaffeelöffel bis zur Raum füllenden Röstmaschine. Daraus entwickelte sich eine wohl weltweit einmalige Sammlung von rund 8.500 Eponaten und einer Fachbibliothek mit etwa 800 Werken. Nur einen kleinen Teil davon konnte Burg in ehemaligen Lagerräumen an der Münsterstraße der Öffentlichkeit präsentieren. Das Kaffeemuseum Burg blieb ein Geheimtipp. Erst als Burg den Hamburger Teekaufmann und Unternehmer Holger Sturm kennenlernte, der seine Ausbildung bei der legendären Teefirma Hälssen & Lyon in der Speicherstadt absolviert hatte, zeichnete sich eine Lösung ab. Sturm war begeistert von Burgs Sammlung und legte ihm ein schlüssiges Konzept vor. Am Ende verkaufte Burg sein Kaffeereich inklusive des Ladengeschäfts am Eppendorfer Weg 252 und der gesamten Sammlung. In Gesprächen mit der HHLA gelang es Sturm, geeignete Räume für die Sammlung im sanierten „Genuss Speicher“ St. Annenufer 2 zu finden. In dem Gebäude war vor der Sanierung unter anderem das Speicherstadtmuseum untergebracht. Dort belegt das neue Kaffeemuseum jetzt mehr als 700 Quadratmeter Fläche im einzigen Gewölbekeller der Speicherstadt und dem ersten Boden darüber. Das Museum ist vollständig privat finanziert, heißt es.

Dass zur Speicherstadt auch ein Kaffeemuseum gehört, meint auch Holger Preibisch, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Kaffeeverbandes, der seinen Sitz gegenüber der alten Kaffeebörse und nur wenige Meter vom neuen Museum entfernt hat: „Schließlich ist ja die Speicherstadt einstmals insbesondere für Kaffeehandel und Kaffeeumschlag gebaut worden.“ Nach wie vor ist Hamburg Europas bedeutendster Kaffee-Umschlaghafen. Rund 700.000 Tonnen der edlen Bohnen werden jährlich importiert. In Hamburg sitzen an die 50 Unternehmen der Kaffeewirtschaft, darunter traditionsreiche Händler, Röstereien und Europas modernstes Kaffeelager. Das Gebäude, in dem jetzt das Kaffeemuseum untergebracht ist, beherbergte übrigens bereits in seinen Anfangsjahren einen Kaffeehändler. Bis zu 300 Frauen lasen dort zeitweilig Bohnen vom Band.

Kaffeemuseum

Im Museum werden neben der permanenten Ausstellung auch Barista-Seminare angeboten

Kaffeemuseum

Möglich wurde das Museum, weil der Kaffeekaufmann Jens Burg (ganz links) seine beachtliche Sammlung an Holger Sturm (ganz rechts) verkaufte

Für die Leitung des neuen Kaffeemuseums holte Sturm die Museumspädagogin Bärbel Dahms, die über Jahre für das Museum der Arbeit in Barmbek gearbeitet hatte, zu dem das Speicherstadtmuseum organisatorisch gehört. Dahms recherchierte in dieser Zeit auch die Kaffee-Historie der Speicherstadt, kann also mit Fug und Recht als Expertin auf diesem Gebiet angesehen werden. Innerhalb von drei Monaten musste die wertvolle Sammlung umziehen. „Das Auspacken war für uns täglich wie Weihnachten, Geburtstag und Ostern zusammen“, berichtet Dahms.

Bis zuletzt lag der Eröffnungstermin wegen der behördlichen Abnahme in der Schwebe, insbesondere was die Sturmflutsicherheit betraf. Dafür und für die Entlüftung des großen Produktionsrösters erfolgten aufwändige Umbauarbeiten. Bei drohenden Sturmfluten kann die gesamte Sammlung in kurzer Zeit auf Rollwagen „evakuiert“ werden. Und natürlich reicht die Ausstellungsfläche nicht für alle Exponate aus. Ein Teil der Sammlung bleibt im Depot. „Wir werden immer wieder Schwerpunktthemen setzen und Sonderschauen veranstalten“, erklärt Dahms dazu. Weil ein Großteil der Exponate nicht hinter Glas präsentiert wird, sondern auch angefasst werden kann und darf, gibt es keine Einzelführungen. Besucher finden sich zu Gruppen zusammen, die täglich außer montags durch das Haus geführt werden. Gezeigt wird dann in einer Stunde die Ausstellung und ein Röstvorgang mit dem historischen Probat-Trommelröster inklusive Probe. Die Führungen übernehmen Bärbel Dahms, ihr Stellvertreter Sebastian von Bülow oder Röstmeister Erik Brockholz persönlich. Anschließend kann der Besucher im Erdgeschoss in den urigen historischen Räumlichkeiten mit ihren mächtigen Eichenholz-Trägern in aller Ruhe individuelle Kaffeesorten und Gebäck genießen und dem Röstmeister weiter über die Schulter schauen. Für Abendveranstaltungen werden die Räume des Kaffeemuseums auch vermietet. Wie zuvor Jens Burg veranstaltet das neue Team unterschiedliche Kaffee-und Baristaseminare für Anfänger und Profis. Bärbel Dahms: „Da unser Konzept auf vielen Säulen basiert, sind wir vom Erfolg überzeugt.“

Text: Michael Hertel, Fotos: Thomas Hampel
Quartier 32, Dezember 2015–Februar 2016 , Rubrik:    
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