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Große Haie, kleine Fische

Hamburgs netteste Polizisten feiern Geburtstag: Vor 30 Jahren lief die erste Folge des Vorabendkrimis „Großstadtrevier“, der inzwischen Kultstatus erlangt hat. Und ein Ende ist nicht abzusehen, ab dem Frühjahr wird die 30. Staffel gedreht

Großstadtrevier

Zwischen dem heutigen Team und der Zeit, als Jan Fedder erstmals das Revier betrat liegen fast 30 Jahre (1)

„Wenn der Udel ums Eck kommt, nimmt der Ede reißaus“, sang die norddeutsche Country-Combo Truck Stop schon 1986 im Titelsong, als die erste Folge des „Großstadtreviers“ im Vorabendprogramm der ARD lief. Längst heißt es nicht mehr „Udel“, sondern „Schutzmann“, damit man auch im Süden Deutschlands versteht, worum es in der Serie geht. „Udel“ ist nämlich norddeutsche Mundart, ein deutlich liebevollerer Spottname für Polizisten als der heute gebräuchliche „Bulle“. Am Harmlosigkeitsfaktor der Serie hat sich nichts geändert – und das soll auch so sein.

Schließlich befinden wir uns im Vorabendprogramm, wo noch das ein oder andere Kind vor den viereckigen Babysitter geraten kann. Der Erfinder des „Großstadtreviers“, Krimi-Urgestein Jürgen Roland, hatte als junger Rundfunkreporter vom Kiez berichtet. Seine Erfahrungen bilden den Hintergrund für die Serie. Natürlich gewürzt mit einem ordentlichen Schuss Kiez-Romantik. Was fürs Herz ist immer dabei, wenn die aufrechten Polizisten den kleinen Leuten aus der Patsche helfen. Und der „Ede“ aus dem Titellied hat natürlich seine Ganovenehre. Dass mancher dem „Großstadtrevier“ Bräsigkeit attestiert, verwundert vor diesem Hintergrund wenig. Was den Polizeialltag angeht, so funktioniert dieser im Fernsehen besser als in echt. Bei den TV-Polizisten herrscht kein Personalmangel, und sie sind nicht geschlaucht von zu vielen Nachtschichten.

Bis heute steht im Vorspann „Eine Serie von Jürgen Roland“. Dieser entdeckte auch den Schauspieler, der sich zum emotionalen Zentrum der Serie mauserte: Jan Fedder. Er war Roland aufgefallen, als er in einem Tatort einen Betrunkenen so überzeugend verkörperte, dass er ihm eine Hauptrolle im „Großstadtrevier“ gab. „Jan Fedder ist so was von gut, der könnte das Telefonbuch spielen“, sagte Roland in einem Interview. Der echte Hamburger Jung stellte in der Serie zunächst einen Polizeireporter dar, bevor er ab 1992 in Folge 37 den Dienst in seiner Paraderolle antrat: als Streifenpolizist Dirk Matthies, immer etwas schnoddrig, ein „cooler Hund“ (Fedder) und ein Kumpel mit dem Herz am rechten Fleck. Nächstes Jahr steht also noch ein Jubiläum ins Haus, 25 Jahre Jan Fedder als Dirk Matthies.

Das Gebäude, das das Revier 14 darstellt, befindet sich in der Mendelssohnstraße in Bahrenfeld. Viel gedreht wird auf dem Kiez und im Hafen, immer mal wieder in der Speicherstadt und HafenCity. Besonders mysteriös: Ein Modellbahnsammler verschwindet spurlos in den Weiten des Miniatur Wunderlandes und taucht als Miniaturleiche in der Modellanlage wieder auf (Folge 346 von 2013).

Jan Fedder

Jan Fedder mit Mareike Carrière, 1992 (2)

Das „Großstadtrevier“ ist noch lange nicht Geschichte, aber manches der letzten 30 Jahre hat (TV-)Geschichte geschrieben: natürlich Mareike Carrière als erste Streifenpolizistin im Deutschen Fernsehen – Kommissarinnen hatte es vereinzelt schon gegeben. Ab 1986 spielte Carrière die Polizeiobermeisterin Ellen Wegener. Ihr Ausstieg 1994 bildete einen dramatischen Höhepunkt der Krimireihe: Am Anfang der achten Staffel akzeptierte Ellen den Heiratsantrag vom Kollegen Matthies und starb eine Folge später, einer der wenigen Todesfälle im sonst weitgehend leichenfreien Revier. Eine Apothekerin, die Geliebte des Mordverdächtigen, hatte sie mit vergiftetem Tee ins Jenseits befördert.

Was die Quoten angeht, so sind die ganz großen Zeiten der Krimireihe schon seit einigen Jahren vorbei. 2003 lag der Marktanteil noch bei 20 Prozent, inzwischen hat er sich in etwa halbiert. Trotzdem verfügt der Klassiker unter den Vor-abendkrimis über eine ansehnliche Fangemeinde, und an seine Absetzung ist nicht zu denken. Ende März 2016 beginnen die Dreharbeiten für die 30. Staffel. Jan Fedder, der in den letzten Jahren bei einigen Folgen aus gesundheitlichen Gründen pausieren musste, erklärte in einer Pressemitteilung: „Ich spiele die Rolle so lange, wie das Publikum mich sehen will oder bis ich tot umfalle.“

Jan Fedder

Jan Fedder: Immer noch dasselbe herzliche Raubein wie zu Beginn seiner Karriere als TV-Polizist (3)

Der SPIEGEL berichtete Ende 2001, dass das „Großstadtrevier“ besonders bei Frauen beliebt sei. Die Zahl der Polizeischülerinnen in der Hansestadt sei seit dem Start der Serie eindeutig gestiegen. Dass es sich beim „Großstadtrevier“ irgendwie um gute PR für die Ordnungshüter handeln muss, legen auch folgende Tatsachen nahe: Die Polizei der Hansestadt hat die Reihe 2011 mit dem „Polizeistern“ ausgezeichnet, weil sie ein „Aushängeschild für Hamburg und seine Polizei“ sei. Mehrere Darsteller erhielten bereits den Titel „Ehrenkommissar“ oder „Ehrenkommissarin“ von der echten Polizei verliehen, darunter Peter Heinrich Brix, Maria Ketikidou und – natürlich – Jan Fedder.

Großstadtrevier

Jan Fedder stellte in der Serie zunächst einen Polizeireporter dar, bevor er ab 1992 den Dienst in seiner Paraderolle antrat: als Streifenpolizist Dirk Matthies (4)

Text: Bettina Mertl-Eversmeier; Fotos: ARD ⁄ Thorsten Jander (1), ARD ⁄ NDR (2, 4), ARD ⁄ Markus Hertrich (3)
Aktuelle Ausgabe, Quartier 33, März–Mai 2016 , Rubrik:    
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