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Mit Elbwasser getauft

Was er auf seinen Barkassenrundfahrten über Hafen und Speicherstadt erzählt, hat Karl Bülow nicht irgendwo gelesen. Er hat es selbst erlebt.

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Hanseatischer geht’s kaum: Schon Vater und Großvater waren Hamburger Ewerführer, bevor sich Karl Bülow Mitte der 1980er Jahre mit einem Barkassenbetrieb selbstständig machte. Und so wie für die Generationen vor ihm, ist auch für Karl Bülow der Hamburger Hafen Heimatrevier geblieben. Nur mit den Ewern, auf denen einst Kaffee, Tee, Weine und Gewürze von den Seeschiffen in die Speicherstadt transportiert wurden, ist es längst vorbei.

Das waren noch Zeiten, erinnert sich Bülow. Als junger Mann schob er zwischen Hafen und Speicherstadt so manch schweißtreibende Extraschicht. Rackerte und legte Geld für seinen Traum zur Seite: Karl „Kalli“ Bülow wollte sein eigener Herr sein und eine Barkasse besitzen. Denn irgendwie waren ihm die ganzen Neuerungen in der Schifffahrt, die in immer kürzeren Abständen aufeinander folgten, nicht geheuer: Im Zeitraffer ging es von der Sackkarre über Elektrokarre und Gabelstapler bis zum Seecontainer. Dabei ist Bülow alles andere als ein Maschinenstürmer, gibt aber zu Bedenken: „Früher dauerten solche enormen Veränderungen ein bis zwei Generationen. Aber wir mussten alles im Eiltempo erleben.“ Als der junge Karl 1956 zunächst auf einem kohlebefeuerten Hafenschlepper und bald – wegen der besseren Bezahlung – in der Ewerführerei anheuerte, ahnte er sicherlich noch nicht, wie schnell sich die goldenen Jahre der Speicherstadt dem Ende nähern sollten. Doch mit dem Aufkommen des Containers ging dann alles sehr schnell. „Ausbildungsberufe wie Ewerführer, Quartiersmann, Getreidekontrolleur oder Küper sind durch den Siegeszug des Containers ausgestorben. Viele Kollegen sind damals mit 50 oder 55 Jahren arbeitslos geworden“, erinnert sich Bülow. „Das war eine harte Zeit.“

Er selbst fühlte sich fürs „alte Eisen“ noch entschieden zu jung, hatte bereits die nötigen Patente und kaufte sich seine erste Barkasse, die „Hansa“. Immer frisch in Schwarz-Weiß-Rot gepönt, liegt die schmucke „Hansa“, Baujahr 1954, bis heute abfahrtbereit am Anleger im Binnenhafen. „Die geben wir auch nicht mehr her“, hört man den Senior, während er auf die Gründungszeit seines Unternehmens zurückblickt: „Der Start verlief alles andere als einfach, denn die Konkurrenz war groß und schlief nicht.“ Um die Anfänge zu überstehen, war sich Bülow nicht zu schade, als Steuermann bei der Konkurrenz auszuhelfen oder mit seiner „Hansa“ statt Menschen Ladung zu transportieren.

Hat seine Heimatstadt den größten Teil seines Lebens vom Wasser aus gesehen: Karl Bülow kennt die Elbe und den Binnenhafen wie seine Westentasche, wahrscheinlich sogar besser. (2)

Hat seine Heimatstadt den größten Teil seines Lebens vom Wasser aus gesehen: Karl Bülow kennt die Elbe und den Binnenhafen wie seine Westentasche, wahrscheinlich sogar besser. (2)

Inzwischen haben er, seine Frau Erika und Sohn Jan es gemeinsam geschafft. Die Flotte ist auf sechs stolze Schiffe gewachsen und durchpflügt die Wellen von Fleeten, Hafenbecken, Unter- und Oberelbe. Neben Rundfahrten durch Speicherstadt und Hafen sorgen vor allem Firmencharterfahrten mit der früheren Senatsbarkasse „Senator“ und dem hochmodernen Aluminium-Neubau „Diplomat“ für den nötigen Umsatz. Den Staffelstab der Hauptverantwortung hat Karl Bülow inzwischen an Sohn Jan weitergereicht. Der gelernte Kaufmann hatte ursprünglich gar nicht vor, in den elterlichen Betrieb einzusteigen. Vermutlich waren die Gene dann aber doch stärker.

Neben dem Fleiß und dem Kämpferherz von Karl Bülow mag auch Fortuna bei der Entwicklung des Unternehmens mitgeholfen haben. Denn lag der Standort der Bülow-Schiffe im Binnenhafen, dem Tor zur Speicherstadt, in den 1980er Jahren noch im touristischen Abseits, so hat sich das Bild inzwischen stark zum Positiven verändert. „Die Besucher des Miniatur-Wunderlandes kommen praktisch alle bei uns vorbei. Wir haben auch ein sehr gutes Verhältnis zu den MiWuLa-Machern. Wenn die Besucher dort mal wieder Schlange stehen, schicken die gern Leute zu uns, nach dem Motto: Macht erst mal ’ne Hafenrundfahrt und kommt dann wieder.“ Ein bisschen kürzer treten möchte der Senior schon, denn über Jahrzehnte war die Sieben-Tage-Woche angesagt. Vor allem an den Wochenenden geht es nach wie vor heiß her. Dann sehen sich die beiden Bülow-Generationen vorzugsweise auf dem Wasser.

Neben dem Fleiß und dem Kämpferherz von Karl Bülow mag auch Fortuna bei der Entwicklung des Unternehmens mitgeholfen haben. Denn lag der Standort der Bülow-Schiffe im Binnenhafen, dem Tor zur Speicherstadt, in den 1980er Jahren noch im touristischen Abseits, so hat sich das Bild inzwischen stark zum Positiven verändert. „Die Besucher des Miniatur-Wunderlandes kommen praktisch alle bei uns vorbei. Wir haben auch ein sehr gutes Verhältnis zu den MiWuLa-Machern. Wenn die Besucher dort mal wieder Schlange stehen, schicken die gern Leute zu uns, nach dem Motto: Macht erst mal ’ne Hafenrundfahrt und kommt dann wieder.“ Ein bisschen kürzer treten möchte der Senior schon, denn über Jahrzehnte war die Sieben-Tage-Woche angesagt. Vor allem an den Wochenenden geht es nach wie vor heiß her. Dann sehen sich die beiden Bülow-Generationen vorzugsweise auf dem Wasser.

Text: Michael Hertel, Fotos: (1) Thomas Hampel, (2) Michael Hertel
Quartier 07, September–November 2009 , Rubrik:    
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