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Coole Schule

Die Katharinenschule in der HafenCity ist Hamburgs modernste Schule und findet viel Zuspruch bei Schülern, Eltern und Lehrern. Völlig reibungslos läuft hier allerdings
auch nicht alles.

Gute Aussichten für Eltern und Kinder: Zum Schuljahr 2013/14 soll die Hortreform in Hamburg flächendeckend umgesetzt werden. Alle Kinder können dann zusammen an den Aktivitäten am Nachmittag teilnehmen.

Diese Grundschule ist etwas Besonderes. Sie ist nicht nur die erste Schule der HafenCity. Die Katharinenschule ist seit 15 Jahren der erste Schulneubau in Hamburg. Und wo sonst in Deutschland gibt es eine Schule, deren Pausenhof auf dem Dach liegt und der aus der Luft aussieht wie ein Pop-Art-Kunstwerk? Die HafenCity habe mit diesem Haus „ihr erstes Stadtteil-
zentrum geschaffen“, befand die Jury des Deutschen Städtebaupreises 2010. Tatsächlich haben die Mehrfach-
nutzungen das Viertel belebt: In der Turnhalle mit separatem Zugang trainieren beispielsweise die Mitglieder des örtlichen Breitensportvereins. Das Klinkergebäude bietet helle, geräumige Klassenzimmer und kurze Wege. Die Ausstattung ist modern, in den dritten und vierten Klassen schreiben die Lehrer auf digitalen Whiteboards. Als die Schüler im August 2009 den Neubau eroberten, waren sie begeistert, vor allem vom Schulhof auf dem Dach. Organisatorisch befand sich Hamburg im Streit um die Schulreform. Nach dem Volksentscheid im Juli 2010 war klar, dass die sechsjährige Primarschule nicht kommt, was zumindest das Platzproblem im Neubau entschärft hat. Die Katharinenschule blieb eine vierjährige Ganztagsschule.
Ihr Einzugsgebiet reicht von der HafenCity und der Altstadt bis zur Neustadt, aus der die meisten Schülerinnen und Schüler kommen. 26 Kinder wohnen in der HafenCity. Die Katharinenschule ist keine Yuppie-Schule. Etwa 20 Prozent der Kinder stammen aus förderberechtigten Familien, die ein kostenloses Mittagessen erhalten. Mit nur 230 Schülern insgesamt ist „die Atmosphäre immer noch sehr familiär“, betont Gabriele Schuster aus dem Vorstand des Elternrates. Wer aber glaubt, dass nach dem Volksentscheid Ruhe eingekehrt wäre in dem preisgekrönten Vorzeigebau am Sandtorpark, der irrt. Es stand die Umsetzung einer anderen Neuerung an, der Hortreform. Christa Goetsch, Schulsenatorin des schwarz-grünen Senats, wollte die nachmittägliche Schulkinderbetreuung von den Kitas an die Schulen verlagern, ein Vorhaben, das Nachfolger Ties Rabe weiterführt mit dem Unterschied, dass er mehr Geld einplant. „Ganztägige Bildung und Betreuung an der Schule“, kurz GBS, lautet der Titel dieser strukturellen Änderung, die auf größere Bildungsgerechtigkeit zielt: Alle Kinder sollen kostenfrei von 8 bis 16 Uhr betreut werden, und zwar ohne Bedarfsprüfung. Wenn die GBS bis zum Schuljahr 2013/14 flächendeckend eingeführt wird, soll der bisher benötigte kosten- und genehmigungspflichtige Hortgutschein wegfallen. Auch Kinder arbeitsloser Eltern können dann an Aktivitäten am Nachmittag teilnehmen. An der Katharinenschule hat sich die Schulkonferenz im Dezember 2010 für einen vorgezogenen Einstieg in die kostenlose Betreuung ausgesprochen.

Im Oktober präsentierten Schüler und Schülerinnen ein Konzept für die Bepflanzung des Grasbrook-Parks in der Aula der Schule.

Inzwischen besuchen 230 Kinder die Katharinenschule. Das Gebäude ist seit 15 Jahren der erste Schulneubau in Hamburg.

Die St.-Katharinen-Kita befindet sich bereits seit Juli 2009 im neuen Gebäude am Dalmannkai.

Hier isst man gern sein Pausenbrot: Den bunten Schulhof auf dem Dach haben Landschafts-architekten gestaltet.

Die Schulkonferenz besteht aus drei Lehrkräften, drei Elternvertretern, einer Vertretung des nichtpädagogischen Personals und der Schulleitung. Dieses oberste Gremium stimmte im Januar 2011 für einen Wechsel des Hortträgers: Statt der privaten pme Familienservice GmbH, die den Hort seit 2008 am alten Standort auf dem Gelände der Kirche St. Katharinen aufgebaut hatte, wählte die Schulkonferenz die Arbeiterwohlfahrt (AWO). Nun gab es Ärger im Schulparadies. Die GBS war keineswegs unumstritten. Die Rahmenbedingungen waren noch unklar: Niemand wusste Anfang 2011, wie viel Geld zur Verfügung stehen würde, zumal erst am 20. Februar eine neue Bürgerschaft gewählt werden sollte. So hielt ein Teil der Eltern an der Katharinenschule den Einstieg in die Hortreform für voreilig. Wichtigster Kritikpunkt: Die Qualität der Betreuung sei gefährdet und der Betreuungsschlüssel werde sich verschlechtern. Zudem stieß der Wechsel des Trägers auf Kritik. Der Familienservice war im Stadtteil gut vernetzt – er betreut nach wie vor Krippenkinder in der angrenzenden Kita – und hatte sich engagiert für den Aufbau eines gemeinsamen Bildungshauses in der HafenCity eingesetzt.
Der Hintergrund für den forcierten Einstieg in die kostenlose Betreuung war praktischer Natur: Die Räume im vierten Stock, die der Hort bisher genutzt hatte, mussten nun multifunktional auch als Klassenräume dienen. Die Schule ist als Ganztagsschule ausgestattet. Die Ressourcen für eine nachmittägliche Betreuung waren also da. Für einen zusätzlichen traditionellen Hort, wie es ihn ab dem Schuljahr 2013/14 gar nicht mehr geben würde, „gab es keine Räume“, so Schulleiterin Ulrike Barthe-Rasch. „Mir ist es wichtig, dass alle Kinder auch am Nachmittag gemeinsam gefördert und betreut werden.“ Zum Trägerwechsel gab der Vorstand des Elternrates gegenüber QUARTIER folgende Erklärung ab: „Die Entscheidung der Schulkonferenz ist zwar schulöffentlich, aber nicht öffentlich. Dennoch kann an dieser Stelle gesagt werden, dass die Entscheidung für den zukünftigen Kooperationspartner streng nach einem Bewertungsschema, welches durch die Schulbehörde vorgegeben war, durchgeführt wurde.“ Ein Kriterium war, ob man den Eindruck habe, der Träger stünde hinter dem neuen System. Der Familienservice hatte es wegen der geringen Ressourcenausstattung zunächst abgelehnt, in die Hortreform einzusteigen, sich dann aber doch am Bewerbungsverfahren beteiligt. Margit Werner, Leiterin Familienservice Nord, erinnert sich: „Auf Anfrage habe ich erfahren, dass der Familienservice noch eine Chance hatte. Erst später wurde mir klar, dass die Entscheidung für die AWO bereits gefallen war.“

„Mir ist es wichtig, dass alle Kinder auch am Nachmittag gemeinsam gefördert und betreut werden“, sagt die Leiterin der Katharinenschule, Ulrike Barthe-Rasch.

Inzwischen haben sich die Gemüter beruhigt. Die Zusammenarbeit mit der AWO spielt sich ein, der Verband bietet abwechslungsreiche Kurse wie die Gestaltung von Trickfilmen oder Tanz. Der Betreuungs-
schlüssel liegt offiziell bei eins zu 23 Kindern. Julia Overmann, Bereichsleiterin Kinder des AWO Landesverbands Hamburg, erklärt: „Inzwischen sind die Rahmenbedingungen geklärt, und die Schulbehörde hat noch Geld draufgelegt. Dadurch, dass auch Honorarkräfte Kurse anbieten, werden die einzelnen Kurse kleiner, sodass wir im Schnitt 13 Kinder in einem Kurs haben.“ Wenn diese Zahl so stimmt, wäre tatsächlich eine ähnliche personelle Ausstattung wie vor der Reform erreicht. Aber der Alltag der Kinder hat sich zum laufenden Schuljahr noch in anderer Hinsicht geändert. Die Katharinenschule hatte als Ganztagsschule mit zwei gebundenen Tagen begonnen. Auf Wunsch der Eltern wurde das Konzept nicht auf vier Tage ausgeweitet, an denen der Unterricht von 8 bis 16 Uhr verpflichtend gewesen wäre, sondern nur auf drei. Hier läuft noch nicht alles rund. Die Schule bemüht sich aber, Lösungen zu finden. So wurde die Abholsituation verändert. Erst- und Zweitklässler können nun auch an den gebundenen Tagen von Dienstag bis Donnerstag um 15 Uhr abgeholt werden. Die Katharinenschule genießt über ihr Einzugsgebiet hinaus einen guten Ruf. Der Kontakt zwischen den Eltern sei gut. „Man kennt sich“, sagt Gabriele Schuster, die engagiert im Vorstand des Elternrates mitarbeitet. Fachlich scheinen die Eltern zufrieden zu sein. Vladimir Pavic, ehemaliges Mitglied des Elternrates, dessen Tochter seit Sommer 2011 das Gymnasium besucht, erinnert sich gern: „Der Leistungsstand, den unsere Tochter ins neue Schuljahr und in die neue Schule mitgenommen hat, trägt zu unserer positiven Bilanz über die Katharinenschule bei!“ Und die Kinder selbst? Fragt man nach, fällt häufig ein Wort: cool. Wie heißt es noch im neuen Schulsong? „Wir hier in der HafenCity sind die coolste Schule weit und breit.“

Text: Bettina Mertl-Eversmeier, Fotos: Thomas Hampel, Illustrationen: Maria Knuth
Quartier 16, Dezember 2011–Februar 2012 , Rubrik:    
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