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Die Meinungsbildner

Seit 2005 bringt das KörberForum nationale und internationale Künstler, Experten und Menschen, die nicht alles lassen wollen, wie es ist, in der HafenCity zusammen

Körberforum

Claudia Brüninghaus und Dr. Klaus Wehmeier haben Grund zur Freude: Ihr inhaltliches Konzept für das KörberForum wird mit großem Erfolg von der Hamburger Öffentlichkeit angenommen (Foto: Thomas Hampel)

QUARTIER spricht anlässlich des anstehenden zehnjährigen Geburtstags mit dem stellvertretenden Vorsitzenden der Körber-Stiftung Dr. Klaus Wehmeier und Claudia Brüninghaus, die als Programmleiterin die Formate und Inhalte des gläsernen Veranstaltungsorts am Kehrwieder 12 koordiniert, über Themen, Publikum und Gäste und über den Standort.

Ihre Planungen, in den Stadtteil HafenCity zu ziehen, liegen lange zurück. Seit 2005 sind Sie nun an diesem Standort. Welche Erwartungen haben Sie damals mit dem Umzug verbunden, und welche Rolle spielte dabei das KörberForum?

Klaus Wehmeier: Drei Gründe haben uns damals bewogen, in die Stadtmitte und in die unmittelbare Nähe des Hamburger Hafens zu ziehen. Im Vordergrund stand der Wunsch, unsere Arbeit sichtbar und erlebbar zu machen; wir wollten eine Stiftung zum „Anfassen“ sein. Das war an unserem damaligen Standort auf dem Werksgelände von Hauni in Bergedorf mit vielen Umständen verbunden. Zum Beispiel musste sich jeder, der zu uns wollte, erst einmal am Werkstor einen Ausweis holen und durch das Firmengelände zu uns finden.

Aufgrund unserer industriellen Wurzeln kam ein Standort an der Alster nicht infrage. Wir wollten in die Hafengegend, wo Arbeit mit physischen Tätigkeiten zu Hause ist. Und wir wollten an einen attraktiven und leicht erreichbaren Standort, wo Menschen uns gern besuchen und wo wir auch neue Inspiration bekommen. Damals suchten wir ein Gebäude, das die Möglichkeit bot, einen Veranstaltungsort zu integrieren. Als wir die Architekten des Hanseatic Trade Centers davon überzeugen konnten, zwischen dem „alten“ und dem „neuen“ Hamburg den sogenannten HafenKubus zu bauen, fiel unsere Entscheidung auf diesen Standort. Und nun steht an dieser Stelle ein Raum, der durch seine Transparenz Ein- und Ausblicke zulässt und trotzdem Veranstaltungen für bis zu 200 Menschen ermöglicht. Der Auszug aus Bergedorf, der uns nicht leicht fiel und wo sich heute noch das Haus im Park als Begegnungsstätte und Theaterbühne befindet, war für uns nur in diesem Zusammenhang sinnvoll.

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Transparente Ein- und Ausblicke: Der HafenKubus ermöglicht die Sicht auf das „alte“ und auf das „neue“ Hamburg. Im Inneren bietet das KörberForum einen weiten Blick in die politische Welt

Wie bewerten Sie heute die damalige Standortentscheidung?

Wehmeier: Lassen Sie mich eins vorwegnehmen: Dieses Haus als Kopfstelle der Speicherstadt und als Eintrittstor zur HafenCity kann für unser Ziel, die Stiftungsarbeit für die Gesellschaft zu öffnen, idealer nicht sein! Durch die Infrastruktur mit U-Bahn sind wir gut erreichbar, und wir sind für die vielen Menschen, die diesen Ort täglich passieren, sichtbar.

Ursprünglich hatten wir rund 50 öffentliche Veranstaltungen im Jahr geplant. Unsere Planungen haben sich aber schnell überholt. Vom ersten Tag an entwickelten die Mitarbeiter unzählige Ideen für Veranstaltungen zu unserer Arbeit im Bereich Bildung, Wissenschaft, Gesellschaft, Kultur und internationale Politik.

Claudia Brüninghaus: Heute organisieren wir jährlich rund 250 Veranstaltungen, davon 100, zu denen wir öffentlich einladen. Unser größtes Problem ist, dass wir mehr Ideen haben als Tage im Jahr. In Programmkonferenzen und vielen kleinen Runden stimmen wir ab, welche Ideen wir in den Vordergrund stellen.

Wehmeier: Aufgrund der starken Nachfrage könnten wir sogar bei einigen Themen große Säle füllen. Sie können aber sicher sein: Wir verlassen dieses Haus nicht. Wir legen sehr viel Wert darauf, dass es eine Identität zwischen den Inhalten unserer Veranstaltungen und dem Ort und der Art, wie wir diese präsentieren, gibt.

Brüninghaus: Der Raum ermöglicht eine Beziehung zwischen unseren Gästen und dem Publikum. Die Formate sehen vor, dass die Referenten ansprechbar und erlebbar sind. Bei unseren Veranstaltungen können Fragen gestellt werden, und es dürfen sich Dialoge entwickeln. Auch der anschließende Meinungsaustausch kommt nicht zu kurz. Nach jeder Veranstaltung laden wir Referenten und Publikum auf ein Getränk ein.

Woran machen Sie den Erfolg Ihrer Veranstaltungen fest?

Wehmeier: Natürlich können wir aus der steigenden Nachfrage zu unseren Angeboten ableiten, dass wir mit unseren Themen den Nerv der Zeit treffen. Und von unseren Gästen hören wir oft viel Positives über unser Publikum und dessen konstruktive Fähigkeit zur Kritik.

Brüninghaus: Wir lernen auch viel von unseren Besuchern. Bei Umfragen haben wir hohe Rücklaufquoten, dabei bekommen wir nicht nur Lob. Wir erhalten auch Rückmeldungen, wenn Themen mal nicht so besprochen wurden, wie der Besucher es erwartet hat. Wir sind dankbar für jede kritische Rückmeldung. Obwohl wir wissen, dass bei der Vielzahl der Veranstaltungen nicht jedem alles gefallen kann, lernen wir gern daraus.

Wehmeier: Und trotzdem dürfen wir uns niemals auf unserem Erfolg ausruhen. Wir müssen neugierig bleiben. Wir brauchen in jedem Programm innovative Ideen, Themen und Formate.

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Peer Steinbrück stellte sich als Kanzlerkandidat den kritischen Fragen des Körber-Publikums (1). Früher Außenminister, heute noch immer begehrter Gesprächspartner: Joschka Fischer (2). Warum kriselt es zwischen Russland und der EU? Gregor Gysi hat die Antwort (3). Damals Euro-Chef, heute oberster Kommissar: Jean-Claude Juncker an der Kehrwiederspitze (4)

Wie wichtig ist es Ihnen, für Ihre prominenten Gäste attraktiv zu sein? Ist es leicht für Sie, zum Beispiel Bundesaußenminister Frank Steinmeier oder den damaligen Chef der Euro-Zone Jean-Claude Juncker als Referenten zu gewinnen? 

Wehmeier: Natürlich sind uns unsere prominenten Gäste wichtig. Es ist unsere langjährige Arbeit, die viele Kontakte ermöglicht: Der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker war 20 Jahre lang Vorsitzender des „Bergedorfer Gesprächskreises“. Unserer guten Beziehung zum Auswärtigen Amt ist es etwa zu verdanken, das Bundesaußenminister Steinmeier mit dem Publikum des KörberForums über deutsche Außenpolitik diskutiert hat.

Wir freuen uns über den Erfolg unserer langjährigen Arbeit, die solche Kontakte erst ermöglicht, sind auch demütig. Ohne unsere Kooperationspartner wäre vieles nicht möglich. Nehmen Sie mal unseren Wissenschaftspreis: Wir sind stolz darauf, dass in den letzten sieben Jahren fünf Preisträger des Körber-Preises für Europäische Wirtschaft danach auch den Nobelpreis erhalten haben. Möglich wurde es, weil ein Auswahlgremium, das mit Experten aus ganz Europa besetzt ist, für uns die Kandidaten nominiert hat.

Brüninghaus: Das ist ein gutes Beispiel dafür, dass uns nicht nur Prominenz wichtig ist: Wir möchten hier auch Leute vorstellen, die neue Ideen mitbringen und vielleicht morgen im Rampenlicht stehen werden. Diese Mischung macht uns aus.

Der Körber-Stiftung sagt man nach, dass sie ein Gespür für „kommende Themen“ habe. Welche Themen haben Sie für 2015 identifiziert? Wird es jetzt Veranstaltungen zum aufstrebenden Kontinent Afrika geben?

Wehmeier: Unsere Themen definieren wir langfristig. Es macht keinen Sinn, seine Schwerpunkte ständig zu wechseln. Unsere Beziehung zu China hat 2000 begonnen, der Besuch des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping bei der Körber-Stiftung in Berlin ist kein Zufall, sondern das Ergebnis langer, vertrauensbildender Maßnahmen. Erst durch die mittelfristige Beschäftigung mit den Themen gewinnen wir an Expertise.

Afrika als zusätzliches Thema aufzunehmen, würde unsere Ressourcen übersteigen und ein Rückzug aus Feldern, in denen wir Wissen und gute Netzwerke haben, wäre für unsere bisherige Arbeit nicht zielführend.

Was können wir vom KörberForum zehn Jahre nach seiner Gründung Neues erwarten?

Brüninghaus: Zehn Jahre sind eigentlich ein „Kindergeburtstag“, kein Anlass für eine historische Rückschau. Unsere Freude über den ersten runden Geburtstag werden Sie dem Haus und seinen Angeboten anmerken. So viel kann ich verraten.

Wehmeier: Mit der wachsenden HafenCity erwarten wir auch 2015 mehr Besucher. Zur Zeit beschäftigen wir uns mit der Frage, wie wir uns noch stärker bemerkbar machen können. Dazu wollen wir unseren einsehbaren Eingangsbereich umgestalten, denn ein Drittel unseres Erfolgs ist eindeutig auf den Standort zurückzuführen: sichtbar, transparent und einladend.

 

Die Körber-Stiftung

1959 gründete Kurt A. Körber (+1992), Unternehmer und seines Zeichens „Anstifter“, die Körber-Stiftung. Die gemeinnützig tätige Einrichtung gehört heute zu den 15 größten Stiftungen in Deutschland und ist mit eigenen Projekten, Kooperationen und Veranstaltungen aktiv. 

Für die Arbeit der Stiftung (Vermögen 526 Millionen Euro) stehen jährlich circa 17 Millionen Euro zur Verfügung. An den Standorten HafenCity, Bergedorf und Berlin sind rund 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Bis 2005 residierte die Stiftung auf dem Gelände der 1947 von Körber gegründeten Hauni Maschinenfabrik Körber & Co KG in Hamburg-Bergedorf.

Seit zehn Jahren hat die Körber-Stiftung ihren Hauptsitz an der Kehrwiederspitze. Mit dem Umzug schlug auch die Geburtsstunde des KörberForums. 

 

Interview und Fotos: Conceição Feist
Quartier 28, Dezember 2014–Februar 2015 , Rubrik:    
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